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Das Wichtigste in Kürze
  • Die Digitalisierung durchdringt fast sämtliche Bereiche unseres täglichen Lebens, wobei die Auswirkungen auf die Wirtschaft, Gesellschaft und Regionen beträchtlich sind.
  • Branchen, welche aufgrund der Digitalisierung grossen Veränderungen unterworfen sind (z.B. wissensintensive Dienstleistungen) oder zunehmend an Wichtigkeit gewinnen (z.B. Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) Sektor) sind in ländlichen Räumen weniger stark vertreten und entsprechend auf die städtischen Räume konzentriert.
  • Dies bedeutet aber nicht, dass die Digitalisierung im ländlichen Raum keine spürbaren Auswirkungen haben wird. Im Zuge der Digitalisierung sind für den ländlichen Raum insbesondere drei Entwicklungen relevant: Die Enträumlichung von Dienstleistungen (Reduktion der räumlichen Distanz zwischen Anbieter und Käufer), neue Wertschöpfungspotenziale aufgrund neuer Technologien (neue Vertriebskanäle und Geschäftsmodelle) und die Flexibilisierung des Arbeitsmarkts (zeitliche und örtliche Flexibilisierung der Arbeit).


Digitalisierung bietet Chancen – auch für den ländlichen Raum

Die Digitalisierung durchdringt fast sämtliche Bereiche unseres täglichen Lebens, wobei die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Gesellschaft beträchtlich sind. Von der sich verändernden Arbeitswelt sind aber nicht alle Wirtschaftsräume gleichermassen betroffen: Branchen, welche aufgrund der Digitalisierung grossen Veränderungen unterworfen sind (z.B. wissensintensive Dienstleistungen) oder zunehmend an Wichtigkeit gewinnen (z.B. IKT-Sektor) sind in ländlichen Räumen weniger stark vertreten und entsprechend auf die städtischen Räume konzentriert.

Dies bedeutet aber nicht, dass die Digitalisierung im ländlichen Raum keine spürbaren Auswirkungen haben wird. Denn in irgendeiner Art kommen alle Branchen mit der Digitalisierung in Berührung. Für die ländlichen Räume und die Bergregionen sind hierbei insbesondere die folgenden Entwicklungen relevant:

  • Enträumlichung von Dienstleistungen: Die Relevanz von räumlichen Distanzen wird durch die Digitalisierung verringert. Neue Kommunikationstechnologien sowie digital angebotene Produkte und Dienstleistungen verbessern die Lebensqualität im ländlichen Raum.
  • Neue Wertschöpfungspotenziale: Über neue Technologien und die immer stärkere Vernetzung eröffnen sich neue Vertriebskanäle und Geschäftsmodelle. Gleichzeitig werden durch die Automatisierung dezentral gelegene Produktionsstandorte attraktiver.
  • Flexibilisierung des Arbeitsmarkts: Die Digitalisierung hat sehr starke Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Es findet eine zeitliche und insbesondere auch eine örtliche Flexibilisierung statt. Dies eröffnet den Arbeitnehmenden und Unternehmen neue Möglichkeiten.

Die angesprochenen Entwicklungen bieten grosse Chancen. Mit diesen Chancen gehen aber auch Risiken und Herausforderungen einher. Deshalb werden die oben genannten Punkte im Folgenden noch etwas genauer betrachtet.


Enträumlichung von Dienstleistungen

Die zurückzulegenden Distanzen, um verschiedene Dienstleistungen zu erreichen, sind heute im ländlichen Raum klar am grössten. So müssen beispielsweise rund 5.4 Kilometer zurückgelegt werden, um von einer ländlichen Gemeinde aus zu einer Apotheke zu gelangen, während sich die nächste Apotheke in Städten im Schnitt 1.2 Kilometer weit weg befindet. Ähnlich verhält es sich bei den Distanzen, um den nächsten Supermarkt zu erreichen: In ländlichen Gemeinden müssen rund 4.8 Kilometer, in Städten 1.1 Kilometer zurückgelegt werden.
 

Über neue, durch die Digitalisierung ermöglichte Wege, verliert die räumliche Distanz aber zunehmend an Bedeutung. Immer mehr Dienstleistungen können elektronisch abgewickelt werden – das Aufsuchen des jeweiligen Geschäfts erübrigt sich damit. Einige Beispiele hierfür sind Online-Shops, E-Banking, E-Government, digitalisierte Bibliotheken oder Arztkonsultation per Videochat (vgl. Infras (2018)). 

Eine der wohl wichtigsten Entwicklungen in diesem Zusammenhang ist das Aufkommen des E-Commerce. Unter E-Commerce werden über das Internet abgewickelte Transaktionen von Waren oder Dienstleistungen verstanden. Zahlungen und Lieferung können dabei online oder auf herkömmlichen Wegen erfolgen.

In den Daten des BFS zur Internetnutzung der Schweizer Bevölkerung zeigen sich hinsichtlich der getätigten Online-Käufe aktuell keine grossen Unterschiede zwischen den fünf regiosuisse-Raumtypen. Es fällt aber auf, dass das Wachstum des E-Commerce im Zeitraum 2014-2021 in den ländlichen Gemeinden stärker war als in den urbanen Räumen. Dies weist darauf hin, dass die Vorteile der Digitalisierung im ländlichen Raum genutzt werden. Heute ist der Anteil der Personen, die in den letzten zwölf Monaten einen Internetkauf getätigt haben, in den ländlichen und den urbanen Gebieten in etwa gleich gross und beträgt zwischen 76% und 81%, wobei in den periurbanen Gemeinden anteilsmässig am meisten Online-Käufe getätigt werden. 

Die angesprochene «Enträumlichung von Dienstleistungen» wird sich mit der fortschreitenden Digitalisierung weiter verstärken. Insbesondere im Gesundheitsbereich dürften immer mehr Maschinen und Roboter mit Spracherkennung und künstlicher Intelligenz zum Einsatz kommen (vgl. Rat für Raumordnung (2019)). Eine nicht zu unterschätzende Herausforderung in diesem Zusammenhang stellen im ländlichen Raum wohnhafte Personen mit unzureichendem Zugang und Know-how zu digitalen Angeboten dar. Auch diese, meist älteren Personen, gilt es auf die digitale Zukunft vorzubereiten. 
 

Exkurs: Digitale Erschliessung innerhalb der Schweiz

Um die Chancen der Digitalisierung nutzen zu können, muss die dafür notwendige Infrastruktur gegeben sein. Da viele Vorteile der Digitalisierung ohne das Internet nicht genutzt werden können, ist hierbei eine flächendeckende Breitbanderschliessung zentral. 

Verfügbarkeit von Glasfaseranschlüssen in der Schweiz


Die Auswertung der BAKOM-Daten zur Breitbandinfrastruktur nach den fünf regiosuisse-Raumtypen zeigt, dass die ländlichen Gemeinden weniger gut mit Hochgeschwindigkeitsanschlüssen versorgt sind als die Städte. Dies ist für Privatpersonen aber nicht von grosser Relevanz, denn für den «normalen» Privatgebrauch reichen die aktuell zur Verfügung stehenden Bandbreiten in allen Regionen aus. 

Eine Studie zur Breitbandnutzung von kleinen Unternehmen liefert zudem Hinweise darauf, dass die zur Verfügung stehenden Bandbreiten meist auch für Unternehmen ausreichend sind. Selbstverständlich gibt es aber Fälle, in denen Unternehmen aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit auf sehr hohe Bandbreiten angewiesen sind, die nicht in allen Gebieten vorzufinden sind. Mit dem 5G-Mobilfunk-Standard bieten sich nun aber grundsätzlich neue Möglichkeiten und – insbesondere für periphere Gebiete – eine kostengünstigere Alternative zur schnellen Glasfaser.


Mit Blick in die Zukunft ist davon auszugehen, dass mit der fortschreitenden Digitalisierung und des damit einhergehenden Wachstums der Datenmengen die Ansprüche an die zur Verfügung stehenden Bandbreiten weiter zunehmen werden und die Infrastruktur dementsprechend weiter ausgebaut werden muss. 

Im Jahr 2019 wurde im Auftrag des SECO eine Studie erarbeitet, welche sich mit der Breitbanderschliessung von Betrieben in den Zielgebieten der Neuen Regionalpolitik (NRP) auseinandersetzt. In der Studie werden aktuelle Erschliessungslücken aufgezeigt, die primär Betriebe in den ländlichen Gemeinden sowie den alpinen Tourismuszentren betreffen. Diese Regionen sind zudem deutlich seltener mit einem Glasfasernetz ausgestattet als die (Gross-)Städte. Auf Basis dieser Erkenntnis werden Ansatzpunkte für Massnahmen des Bundes im NRP-Zielgebiet formuliert. Neben Massnahmen zur Erweiterung resp. zum Aufbau eines leistungsfähigen Breitbandangebots in den peripheren, dünn besiedelten Teilen des NRP-Zielgebietes werden auch Massnahmen zur Stärkung der «digitalen Kompetenzen» der Betriebe im NRP-Zielgebiet diskutiert.

 

Neue Wertschöpfungspotenziale

Vom Aufkommen des E-Commerce können nicht nur die Konsumentinnen und Konsumenten des ländlichen Raums profitieren, sondern auch die Unternehmen. Über Online-Shops und andere Online-Plattformen eröffnen sich den Unternehmen neue Vertriebskanäle und sie erhalten dadurch einen breiteren Marktzugang. Mit wenigen Klicks können Personen aus aller Welt Produkte und Dienstleistungen eines lokalen Anbieters bestellen – ein Besuch in einem Geschäft vor Ort erübrigt sich dadurch in vielen Fällen (vgl. Infras (2018)).

Die neuen digitalen Vertriebskanäle sind insbesondere für den Tourismus von Bedeutung. So spielen Online-Plattformen wie Booking.com oder Airbnb heute eine zentrale Rolle in der Tourismusbranche und haben dazu geführt, dass Markteintrittshürden abgebaut wurden, indem kleinen Anbietern von Übernachtungsmöglichkeiten die gleichen digitalen Vertriebskanäle zur Verfügung gestellt wurden wie etablierten Hotels (vgl. avenir suisse (2017)). Dies führt schliesslich zu mehr Preistransparenz und dadurch zu mehr Wettbewerb in der Hotellerie und Parahotellerie. Diese neuen Vertriebskanäle bergen aber auch Risiken: Gerade in Bezug auf Online-Buchungsplattformen wird häufig deren Marktmacht kritisiert.

Weiteres Wertschöpfungspotenzial ergibt sich insbesondere auch durch die Automatisierung und die damit verbundenen Produktivitätssteigerungen. All dies verdeutlicht, dass die Digitalisierung einen starken Strukturwandel mit sich bringt, respektive noch bringen wird.
 

Exkurs: Bedeutung der Buchungsplattformen im Tourismus

Vom statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) erhobene Daten erlauben es, die Relevanz von Online-Buchungsplattformen im Tourismus grob abzuschätzen. Die Daten zeigen, wie viele Logiernächte über die vier Online-Plattformen Airbnb, Booking.com, Expedia und Tripadvisor in Ferienunterkünften und ähnlichen Beherbergungsstätten gebucht wurden (Übernachtungen in Hotels sind in diesen Zahlen nicht enthalten). Im Jahr 2021 waren dies in der Schweiz ca. 12.7 Millionen. Setzt man diese Zahl ins Verhältnis zu den Logiernächten gemäss der Hotelleriestatistik des BFS, lässt sich die Relevanz der Buchungsplattformen grob abschätzen (siehe untenstehende Abbildung). 

Aufgrund möglicher Überschneidungen zu anderen Tourismusstatistiken lässt sich der in der untenstehenden Grafik ausgewiesene Wert nicht in seiner absoluten Grösse interpretieren. Es kann aber ein Vergleich zwischen den gezeigten Tourismusregionen vorgenommen werden.


Der Vergleich ausgewählter Tourismusregionen zeigt, dass die Online-Buchungsplattformen z.B. im Wallis seit längerer Zeit eine wichtige Rolle spielen und tendenziell noch bedeutender werden. An anderen Orten, wie z.B. in der Region Jura & Drei-Seen-Land scheinen die Plattformen vor allem während der Pandemie stark zugelegt zu haben. Dieser «Pandemie-Effekt» war aber nicht überall zu beobachten. So scheinen die Buchungsplattformen in den Regionen Aargau und Solothurn Region sowie im Graubünden aktuell ähnlich bedeutend zu sein wie bereits vor der Pandemie. 


Flexibilisierung des Arbeitsmarktes

Eine weitere grosse Chance für den ländlichen Raum ergibt sich aus der zeitlichen und örtlichen Flexibilisierung des Arbeitsmarktes. Dank neuen Kommunikationsmöglichkeiten und immer schneller werdender Datenübertragung wird das Homeoffice-Arbeitsmodell zusehends attraktiver. Gleichzeitig ergeben sich durch die Plattformökonomie neue Möglichkeiten bzw. Arbeitsformen (z.B. Crowdworking oder Work-on-Demand), welche es erlauben, örtlich und zeitlich unabhängig zu arbeiten (vgl. Schweizerischer Bundesrat (2017)). In diesem Zusammenhang werden auch immer mehr Coworking Spaces im ländlichen Raum geschaffen, welche durch die Bereitstellung von geeigneten Räumlichkeiten dezentrales Arbeiten vereinfachen.
 

Exkurs: Verbreitung von Teleheimarbeit

Die Verbreitung der Teleheimarbeit nimmt, wie Zahlen des BFS zeigen, stetig zu. Vor allem die Pandemie hat diesen Trend stark beschleunigt. 2021 übten ca. 40% aller Erwerbstätigen mindestens gelegentlich Teleheimarbeit aus.

Eine Auswertungen des BFS (2016) zeigt zudem, dass bezüglich Teleheimarbeit beträchtliche Unterschiede nach Branchen bestehen. Denn nicht jede Arbeit eignet sich gleich gut für eine zeitliche Flexibilisierung oder kann von zu Hause aus ausgeführt werden. Ausserdem wird Teleheimarbeit insbesondere von Personen mit tertiärem Bildungsabschluss geleistet.

Neben den branchenspezifischen Unterschieden gibt es auch Unterschiede in Bezug auf die verschiedenen Raumtypen. In ländlichen Gebieten werden häufiger Berufe ausgeübt, die sich nicht gut für Heimarbeit eignen, wie Berechnungen auf Basis von Daten der Universität Basel zeigen.


Die angesprochenen Entwicklungen können die Attraktivität des ländlichen Raums als Wohn- und Arbeitsort steigern. Voraussetzung hierfür ist aber das Vorhandensein der nötigen Infra-strukturen sowie die Bereitschaft der Unternehmen, diese Entwicklungen zu unterstützen (vgl. Schweizerischer Bundesrat (2017)). Von der neuen Flexibilität ihrer Arbeitnehmer/innen können letztlich aber auch die Unternehmen selbst profitieren, da sie sich in dieser neuen Arbeitswelt einfacher in überregionale oder sogar internationale Wertschöpfungsketten einbinden können (avenir suisse (2017)).

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