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Jurte Lädeli

Fördersynergien zwischen der Neuen Regionalpolitik und der Schweizer Berghilfe

Mit der Neuen Regionalpolitik (NRP) von Bund und Kantonen und der spendenfinanzierten Schweizer Berghilfe widmen sich zwei Fördergefässe der wirtschaftlichen Vitalität der Schweizer Bergregionen. Die beiden Möglichkeiten zur Projektfinanzierung greifen auf unterschiedlichen Ebenen, können und sollen aber miteinander kombiniert werden, um Projekte entscheidende Schritte vorwärtszubringen. Wie das gelingen kann, zeigt ein Blick auf ein Beispiel aus dem Luzerner Luthertal. 

Im «Luther Lädeli» erfreuen sich Gäste wie Einheimische an den lokalen Produkten – alle stammen aus dem Umkreis des Wallfahrtsorts im Luzerner Napfbergland. In der eigens erstellten Jurte ist vom Schafmilchglacé bis zum Honig ein Angebot an feinen Lebensmitteln und Geschenkideen zu finden. Das «Luther-Lädeli» steht seit 2020 im Dorf und ist das jüngste grössere Vorhaben des Vereins natürlich Luthertal, erzählt Mirjam Birrer, Geschäftsleiterin des Vereins. Sie seien besonders stolz darauf, ergänzt sie, denn: «Die Bevölkerung war und ist stark in den Aufbau und den Betrieb des Lädeli involviert.» Im Selbstbedienungsladen können Kundinnen und Kunden seit einigen Monaten sogar online bezahlen. Die Jurte wurde von der Schweizer Berghilfe finanziert und mit Rohstoffen aus der Region produziert.

Eine lohnende Kombination

Der Verein natürlich Luthertal ging aus dem NRP-Projekt «Pilotprojekt Gemeindeentwicklung am Beispiel der Gemeinde Luthern» hervor. Das Projekt wurde von 2008 bis 2011 umgesetzt und hatte zum Ziel, die Potenziale der abgelegenen Gemeinde verbessert zu nutzen, der Abwanderung entgegenzuwirken und die Wertschöpfung in der Region zu erhöhen – kurzum, Luthern attraktiv zu machen. 2014 wurde das NRP-Projekt in den Verein überführt und seit 2017 wird Luthern aktiv und professionell vermarktet. Der Verein fördert die nachhaltige touristische Entwicklung des Luthertals, sorgt für die gemeinsame Vermarktung von Dienstleistungen und Angeboten und will einen Beitrag an die Standortattraktivität für Wohnen und Arbeiten leisten. 

Während die Neue Regionalpolitik ausschliesslich überbetriebliche, branchenübergreifende und regional wirkende Projekte subventioniert, sind es bei der Schweizer Berghilfe Unterstützungen, welche auf den Einzelbetrieb fokussieren – wie in diesem Falle die Infrastruktur der Jurte. Beatrice Zanella, Leiterin Projekte & Partnerschaften bei der Schweizer Berghilfe konkretisiert: «Betriebe können direkt unterstützt werden, beispielsweise mit Geldern für die Finanzierung von Infrastruktur oder baulichen Massnahmen. Laufende Betriebskosten zu decken ist aber nicht möglich.» Innerhalb von NRP-Projekten einzelbetriebliche Massnahmen mit der Schweizer Berghilfe zu finanzieren, kann also eine lohnende Kombination darstellen. Das ist auch möglich, wenn beide Projekte gleichzeitig laufen. «Die Schweizer Berghilfe versteht sich als Restkostenfinanzierer und kommt zum Zug, wenn der Gesuchsteller weitere mögliche Finanzierungsquellen (wie die NRP) ausgeschöpft hat», ergänzt Beatrice Zanella. Die Unterstützung kennt keine Obergrenze. In jedem Fall muss die Geschäftsidee klar beschrieben und die Wirtschaftlichkeit ausgewiesen werden. 

Verschiedene Ansätze, gleiches Ziel

Die Neue Regionalpolitik und die Schweizer Berghilfe verfolgen also übergeordnet dasselbe Ziel - strukturschwache Regionen wirtschaftlich zu fördern. Die Schweizer Berghilfe fokussiert sich dabei auf das eigentliche Berggebiet (Bergzonen 1-4 und Sömmerungsgebiet). Die Neue Regionalpolitik inkludiert auch ländliche Räume und Grenzregionen. Das «Luther-Lädeli» wird heute von 13 Produzenten und Manufakturen aus dem Luthertal beliefert und zwei Personen arbeiten in Kleinpensen. In diesem Falle hat das NRP-Projekt das Subprojekt «Luther-Lädeli» ermöglicht. Mirjam Birrer hält fest: «Ohne die aufgebauten, institutionellen Strukturen des Vereins durch das NRP-Projekt wäre ein Vorhaben wie das Luther-Lädeli kaum möglich gewesen.» Und ohne die Schweizer Berghilfe auch nicht, denn die NRP unterstützt Infrastruktur-Projekte ausschliesslich mit rückzahlbaren Darlehen. Seit 2020 gibt es im Rahmen der «Pilotmassnahmen für die Berggebiete» allerdings flexiblere Förderkriterien für Projekte in den Berggebieten. Kleine Infrastrukturprojekte können im Rahmen dieser Pilotmassnahmen mit nicht-rückzahlbaren (à-fonds-perdu) Mitteln unterstützt werden und der Anspruch an die Überbetrieblichkeit der Projektorganisation wird weniger streng gehandhabt. Weiter können Projektträgerinnen und Projektträger seitens der Regionalmanagements während der Projektentwicklung verstärkt unterstützt sowie auch unkonventionelleren Projekten mit Pilotcharakter eine Chance gegeben werden. Während die NRP-Pilotmassnahmen für die Berggebiete und die Schweizer Berghilfe nach wie vor unterschiedliche Flughöhen aufweisen, können sie sich gegenseitig ergänzen und befruchten. Beide haben zum Ziel, die Gesellschaft in den Bergregionen zu stärken. 

Mehr als Einkaufen

Dorfladen-Projekte werden vielfach von der Schweizer Berghilfe unterstützt. Auch wenn das «Luther-Lädeli» wohl nicht dem Bild eines klassischen Dorfladens entspricht, überrascht es nicht, dass die Schweizer Berghilfe die Jurte mitfinanziert hat. Die Bedingung, dass die Bevölkerung den Laden mittragen muss, ist im Luthertal erfüllt. Die Schweizer Berghilfe verzeichnet insbesondere seit 2019 einen deutlichen Anstieg der Dorfladen-Gesuche, wie sie jüngst in einer Medienmitteilung schrieb (Juni 2022). Der Bergbevölkerung ist ein Laden auch als sozialer Treffpunkt wichtig. Im «Luther-Lädeli» treffen aufgrund des besonderen Konzepts Gäste und Einheimische aufeinander. Mirjam Birrer beobachtet immer wieder: «Da ergeben sich viele schöne Begegnungen von grossem Wert für die Region.»

 

Bildquelle: Luther Lädeli

 

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