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«regioS 20»: Landschaft – Chance und Herausforderung für die Regionalentwicklung

Landschaft ist eines der Kernelemente der Marke «Schweiz». Ob Matterhorn, Rigi, Oberengadin, Berner Altstadt oder Lac Léman – Schweizer Landschaften haben weltweiten Kultstatus. Sie sind Anziehungspunkte für Menschen aus nah und fern. Dies gilt längst nicht nur für die touristischen Hotspots. Just das Corona-Jahr hat gezeigt, dass die Schweizer Landschaften Erholung, Kontemplation, Abwechslung und Abenteuer bieten – in der Wohnumgebung ebenso wie in den Ausflugszielen. 

Für viele Regionen bildet die Attraktivität ihrer Landschaften deshalb eine wichtige wirtschaftliche Basis, sei es durch touristische Nutzung, als attraktiver Wohnstand- und Wirtschaftsstand oder über die Vermarktung von regionalen Produkten. Vielerorts bietet sich deshalb ein Potenzial, die Landschaft verstärkt in Wert zu setzen. Mit dem «Landschaftskonzept Schweiz» (LKS) gibt der Bundesrat der Regionalentwicklung den Auftrag, dieses Potenzial verstärkt zu nutzen. Die Herausforderung liegt darin, dabei die Qualitäten der Landschaft nicht zu schmälern oder gar zu zerstören. Wie dies gelingen kann, zeigt eine Reihe von über 100 Musterbeispielen, die PLANVAL in der BAFU-Studie «Landschaft als Leitthema für eine nachhaltige Regionalentwicklung» unter die Lupe genommen hat. 

Eines davon ist das Puschlav, das seine Regionalentwicklung seit der Anerkennung der Bernina-Bahnlinie als UNESCO-Welterbe 2008 mit zahlreichen Projekten konsequent auf die Inwertsetzung der materiellen und immateriellen Ressourcen des Gebietes ausrichtet. Das Tal nutzt dabei geschickt das vielfältige Instrumentarium, das die Sektoralpolitiken zur Inwertsetzung der natürlichen Ressourcen und der Landschaft anbieten.  Das Projekt «100 % Valposchiavo» etwa ist ein «Projekt zur regionalen Entwicklung» (PRE) der Landwirtschaftspolitik und hat zum Ziel, dass bis 2028 alle Bauern und Bäuerinnen des Puschlavs ihre Betriebe nicht nur biologisch bewirtschaften, sondern auch alle Erzeugnisse selber verarbeiten und unter dem Label «100% Valposchiavo»® vermarkten. Mit dem Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung «Landschaftswerte für die nächste Generation erhalten» will das Tal zudem das historische Gedächtnis, das traditionelle Landschaftswissen und die Wertvorstellungen der lokalen Bevölkerung sichern und diese noch stärker in die Regionalentwicklungsprozesse einfliessen lassen. 

Schweizer Pärke mit Potenzial
Die 18 Schweizer Pärke von nationaler Bedeutung sind ein weiteres wichtiges Instrument für die Inwertsetzung Landschaft. Die Pärke erstrecken sich inzwischen auf über 5200 Quadratkilometer oder rund einen Achtel der Landesfläche. Sie zeichnen sich durch schöne Landschaften, eine reiche Biodiversität und hochwertige Kulturgüter aus. Die Pärkepolitik des Bundes will diese Werte erhalten und gleichzeitig dafür sorgen, dass sie für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung ihrer Regionen gesteigert und nachhaltig genutzt werden – Ziele, die weitgehend mit jenen der Neuen Regionalpolitik (NRP) übereinstimmen. Nebst touristischen Angeboten sind es vor allem unter dem Produktelabel «Schweizer Pärke» vermarktete regionale Produkte, die zum wirtschaftlichen Erfolg beitragen. Im Naturpark Gantrisch beispielsweise werden unter dem Produktelabel über 300 Erzeugnisse angeboten. Wettbewerbsvorteile gegenüber herkömmlichen Produkten verschafft die Landschaft auch den Käsespezialitäten im Naturpark Gruyère Pays-d'Enhaut, dem Gruyère d’Alpage AOP, dem l’Etivaz AOP oder dem Vacherin fribourgeois. 

Der Tourismusexperte Jürg Schmid sieht das Potenzial der Landschaft und insbesondere der Schweizer Pärke für einen nachhaltigen Tourismus noch längst nicht ausgeschöpft.  Der Schutz sowohl der Landschaft wie auch der Natur bleibe dabei ein tourismusstrategisches Anliegen. Die Attraktivität der Landschaft sei das Fundament, auf dem der Schweizer Tourismus ruht, deren Schutz für den Tourismus also entscheidend. Allerdings fehle es etwa in den Pärken zuweilen noch an Innovation, um aus einer schönen Landschaft ein touristisches Erlebnis zu machen. Auch ortet Schmid eine grosse Berührungsangst gegenüber dem Premium-Reisemarkt, hätten doch gerade Luxusreisende grosses Interesse am Ökotourismus und Einzelangeboten.

Orientierungshilfe für Entwicklungsprozess 
Potenziale, Instrumente und gute Vorbilder, um die hohe Landschaftsqualität in den Regionen der Schweiz zu nutzen und gleichzeitig zu fördern, sind vorhanden. Die Erfolge stellen sich allerdings nicht sofort ein, wie auch die BAFU-Studie von PLANVAL feststellt. Was es braucht, sind engagierte Menschen mit guten Ideen und einem langen Atem, die die Potenziale erkennen, Strategien entwickeln und andere Leistungsträger zum Mitmachen begeistern können. Aus den untersuchten Musterbeispielen hat PLANVAL einen idealtypischen Zyklus entwickelt, wie Regionen die Potenziale ihrer Landschaften qualitätsorientiert und nachhaltig in Wert setzen können. Der Entwicklungsprozess gliedert sich demnach in sechs Phasen, an denen sich die regionalen Akteurinnen und Akteure orientieren können. 
 

Landschaftsbezogene Regionalentwicklung: Schema Entwicklungspfade. Basierend auf: «Landschaft als Leitthema für eine nachhaltige Regionalentwicklung».
(im Auftrag des BAFU). PLANVAL 2019.
PLANVAL
Image: PLANVAL

 

Mehr zum Thema «Landschaft und Regionalentwicklung» sowie Beispiele, wie die «Chance Landschaft» für eine nachhaltige regionale Entwicklung genutzt werden kann, finden Sie in der aktuellen Ausgabe von «regioS». 

 

Literatur und weiterführende Informationen

 

regioS
Mit der aktuellen Ausgabe zum Thema «Landschaft und Regionalentwicklung» feiert «regioS» ein Jubiläum. Seit 2009 analysiert und diskutiert das Magazin zum zwanzigsten Mal Kernthemen der Schweizer Regionalpolitik und Regionalentwicklung. Entstanden ist in dieser Zeit eine eigentliche Dokumentation, wie Lösungen für die Herausforderungen in den Regionen entwickelt und realisiert werden. Möglich machen dies die Akteurinnen und Akteure, die sich in unterschiedlichen Rollen und vielfältigen Funktionen für die regionale Entwicklung engagieren und unserem Team Einblick in ihre Erfahrungen geben, aber auch die Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Verwaltung, die die Entwicklungen kommentieren und Zugang zu neuesten Erkenntnissen schaffen. Ihnen allen danken wir für ihre Beiträge zu dieser Dokumentation der Schweizer Regionalentwicklung. Wir freuen uns darauf, die Regionalpolitik und kohärente Raumentwicklung weiterhin ins Scheinwerferlicht stellen zu können.
 
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