regioS: Mit Innovation dem starken Franken getrotzt
Die dreizehnte Ausgabe von «regioS», dem Magazin zur Regionalentwicklung, widmet sich dem Thema «Frankenstärke»: Seit Monaten klettert der Eurokurs, zur Freude der exportorientierten Wirtschaft. Nicht zu vergessen sind aber die Schockwellen, die die Aufhebung der Eurountergrenze im Januar 2015 verursachte und Wirtschaftsbranchen wie den Tourismus und die grenznahen Gebiete trafen, die bereits zuvor mit strukturellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. Vielerorts hat die Frankenstärke der letzten Jahre aber die Innovationskraft befeuert und Unternehmen und Regionen Marktvorteile verschafft.
Die Wirtschaft hat den Frankenschock erstaunlich gut überstanden. Der Frankenschock zwang fast alle Unternehmen zu einschneidenden Massnahmen. Dank Produktivitätssteigerungen, Innovationen und neu erschlossener Märkte stimmt die Marge wieder einigermassen. Allerdings haben sich in erster Linie die grösseren Konzerne erholt, weniger die KMU. Diesen fehlen oft die Mittel, um die notwendigen Schritte zu unternehmen und in Automation, Digitalisierung und Innovation zu investieren oder neue Märkte im Ausland aufzubauen. Diese Aussage hat eine besondere regionalwirtschaftliche Brisanz, bilden doch gerade in ländlichen Gebieten die KMU das Rückgrat der Wirtschaft. Wie das Beispiel des Industrie- und Technozentrum Schaffhausen ITS zeigt, können aber gerade hier auch Initiativen im Rahmen der Neuen Regionalpolitik (NRP) unterstützend wirken. Das ITS ist die zentrale Technologievermittlungs- und Innovationsförderungsplattform für alle Unternehmen und Akteure in der Region und unterstützt sie als gemeinnütziger und von der NRP organisierter und finanzierter Verein unter anderem mit Veranstaltungen, aber auch individuellem Coaching bei der Innovation.
In der Westschweiz ist unter anderem platinn aktiv, eine Initiative der Westschweizer Kantone im Rahmen der NRP. platinn coacht beispielsweise seit 10 Jahren die Lausanner Degonda-Rehab SA, die unter anderem automatische Rollstühle produziert. Das KMU entwickelte sich seither stark und steht inzwischen auf Augenhöhe mit Grossunternehmen. Der Austausch mit platinn stärkte das Unternehmen auch für schwierige Situationen wie dem starken Franken, meint platinn-Coach Christoph Meier. Auf Unterstützung von platinn konnte auch die UNIMEC SA in La Chaux-de-Fonds (NE) zählen. platinn begleitete die auf Automation spezialisierte Firma bei ihrem Diversifizierungsprozess in Richtung Medizinal- und Mikrotechnologie, der sie von der Uhrenindustrie unabhängiger machen sollte. Der intensive Prozess hatte zur Folge, dass die Produktionskosten entscheidend gesenkt werden konnten und das Unternehmen wirtschaftlich gestärkt dasteht.
Stark betroffener Detailhandel
Mit der Frankenstärke hat auch der Einkaufstourismus an Bedeutung gewonnen. Schweizer Konsumenten geben so inzwischen pro Jahr über 10 Milliarden Franken aus. Die Kehrseite dieser Entwicklung ist ein ausgedünnter Detailhandel in den Schweizer Grenzregionen und der Abbau von Arbeitskräften. Dem Detailhandel macht aber nicht allein die Konkurrenz im nahen Ausland zu schaffen, sondern auch der Strukturwandel insgesamt, etwa die Konkurrenz durch Grossverteiler oder die Verlagerung ins Internet, wie Recherchen an der französischen Grenze in Genf zeigen.
Marketing und Kooperation im Tourismus
Extrem währungsexponiert ist der Tourismus. Er ist an den Ort gebunden und muss das Personal vor Ort beschäftigen. Über die Hälfte der Logiernächte erzielt die Schweizer Hotellerie zudem mit ausländischen Gästen, deren Zahl in einem Zeitraum von sechs Jahren um 30 Prozent – vor allem wegen des teuren Frankens – gesunken ist. Besonders betroffen waren die Wintersportorte – in der NRP-Kernregion der Berggebiete – für die der Tourismus der eigentliche Lebensnerv ist. Doch auch im Tourismus zeigten sich die Unternehmen und Destinationen innovativ. Vor allem mit Marketingaktionen, die das Währungsproblem direkt ansprechen, wussten sich verschiedene Destinationen zu positionieren und in Szene zu setzen – beispielsweise Grächen (VS) mit einem für die Gäste fixen Wechselkurs von CHF 1.30 in diesem Jahr. Saas-Fee (VS) machte mit einem Saisontiefpreisabonnement Schlagzeilen, das nun von anderen Destinationen nachgeahmt wird. Mit dem «Ticino-Ticket» und «Oskar» bieten das Tessin und die Ostschweiz ihren Gästen Vergünstigungsangebote für den öffentlichen Verkehr und touristische Angebote, die die Attraktivität der Region stärken sollen. Tiefer greift das Hotelkooperation im Frutigland. Elf Hotelbetriebe haben dort mit Unterstützung der NRP verschiedene unternehmerische Bereiche wie das Personalwesen oder die Versicherungsbeschaffung zusammengelegt und konnten damit ihre Betriebskosten erheblich senken, ein Effekt mit nachhaltiger Wirkung.