Coaching-Programm von HotellerieSuisse zeigt sich wirksam
Seit etwas über einem Jahr stellt HotellerieSuisse kleinen und mittelgrossen Hotelbetrieben erfahrene Coaches zur Seite, um sie bei der Weichenstellung für eine erfolgreiche betriebliche Zukunft zu unterstützen. Das Coaching-Programm wurde als Reaktion auf die Pandemie entwickelt - heute ist es Zeit für eine Zwischenbilanz. Welche Erfahrung machen die Hotelbetriebe und entspricht das Programm den Erwartungen der Initianten?
Die Pandemie forderte die Branche enorm und führte einen vielschichtigen Wandel herbei. Hoteldirektoren und -direktorinnen wurden in ungeahnter Intensität mit Herausforderungen konfrontiert. Einseitig aufgestellte Betriebe beschäftigten sich mit Diversifizierung und Neupositionierung, neue Gästebedürfnisse forderten Prozessoptimierungen und Finanzierungsmöglichkeiten mussten ausgeschöpft werden. In einer strategischen Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und mit Fördermitteln aus der Neuen Regionalpolitik (NRP) des Bundes lancierte HotellerieSuisse eine Initiative, um Betriebe bei den Aufgaben zu unterstützen und sie zukunftsfit zu machen. In einem massgeschneiderten, bedürfnisorientierten Programm wird den Betrieben fünf Tage lang eine Expertin oder ein Experte zur Seite gestellt (zum Programm siehe Kasten). Seit dem Start im April 2021 wurden rund 150 Hotelbetriebe ins Coaching-Programm aufgenommen. Das Gros sind 3-Sterne-Häuser. Die meisten Betriebe befinden sich in den Kantonen Bern, Graubünden und Wallis. 77 Prozent der angemeldeten Hotels befinden sich in der Deutschschweiz, 13 Prozent in der Westschweiz und 8 Prozent im Tessin.
Eine intensive und zielführende Zusammenarbeit
Unter den angemeldeten Betrieben ist auch das Hotel Klarer in Zuoz. Hotelière Manuela Schorta ist stark in das Tagesgeschäft des Betriebs eingebunden und verantwortet nebenbei das Hotelmarketing. Sie steht stellvertretend für die Zielgruppe des Coaching-Programms der HotellerieSuisse. Es sind kleinere und mittlere Betriebe, die geringe Ressourcen haben, eine umfassende Unternehmensstrategie umzusetzen und dabei das unternehmerische Risiko selbst tragen. «Für mich war es genial, dass das Coaching 1:1 im Betrieb stattfand. Es kamen Profis mit einem Sinn fürs Praktische, das ich sofort anwenden konnte», resümiert Manuela Schorta. Mit dem Bedürfnis, das digitale Marketing des Hotel Klarer zu optimieren, hat sie sich beim Coaching-Programm angemeldet. Für Manuela Schorta ein Entscheid mit positiven Auswirkungen. Mit gezieltem Aufwand konnte sie ein gutes Ergebnis erreichen, wie sie sagt, aber es benötigte eine hohe aktive Mitarbeit. «Es war intensiv, sehr viel Neues und herausfordernd – aber ich würde es wieder machen.»
«Die Leute zum Machen zu bewegen» – darin sieht auch Frank Reutlinger den grossen Pluspunkt des Coaching-Programms. Er ist Geschäftsführer beim Beratungsunternehmen Kohl & Partner und spezialisiert auf die Begleitung von Hotelbetrieben bei den Themen Strategie, Positionierung und Nachfolgeregelung. Frank Reutlinger war im Rahmen des Coaching-Programms bei mehreren Betrieben vor Ort, schätzte die gute Struktur des Programms und lobt die Ziele der Initiative. Er kennt die Herausforderungen von konzentriertem Coaching in kurzer Zeit. «War zu Beginn hier und dort noch eine distanzierte Haltung gegenüber dem Impuls von aussen zu spüren, entwickelte sich durch das intensive Zusammenarbeiten ein vertrauensvoller Austausch» sagt er.
Die Wichtigkeit einer grossen Portion Offenheit bestätigt auch Rolf Habegger, Stiftungsratspräsident des Berghotels Randolins St. Moritz. Sein Betrieb suchte Unterstützung bei einer spezifischen Finanzierungsfrage zur Erweiterung des Betriebs und wurde von der Finanzexpertin Anne Cheseaux gecoacht. Für Rolf Habegger war klar: «Wenn man konstruktiver Kritik und neuen Ansätzen offen gegenübersteht, kann man sehr viel profitieren». Sein Team hat sich gründlich auf das Coaching vorbereitet und dann eingehend zusammengearbeitet. «Wir wollten wissen, wo unser Betrieb steht und ob wir unsere Pläne ausreichend realitätsnah beurteilen». Rolf Habegger war sehr zufrieden mit dem Coaching, es habe massgeblich geholfen, die Optionen zu prüfen.
Neue Themen: Fachkräftemangel und Nachhaltigkeit
Marc Walter leitet das Programm von HotellerieSuisse und zieht nach dem ersten Jahr eine positive Bilanz. Die ersten Analysen deuten das Coaching-Programm als ein wirksames Instrument zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Hotelbetriebe. «Die Branche schätzt die Unterstützung des SECO als starkes Zeichen», hält er fest. Interessant sei, wie sich die Nachfrage an Themen während der Laufzeit verändert habe. Nachdem die existenziellen Fragen der Hotelbetriebe nach Finanzierung, Diversifizierung und Positionierung abgenommen haben, rücken Themen wie Nachhaltigkeit in den Fokus, namentlich ökologische Massnahmen im Betrieb. «Das Thema Nachhaltigkeit ist wichtig für die Branche und diese ist bereit, ihre Verantwortung zu übernehmen – auch um den Kundenbedürfnissen gerecht zu werden», meint Marc Walter.
Ein zweites wichtiges Thema, das die Hotellerie beschäftigt, ist der akute Fachkräftemangel. Coach Frank Reutlinger wurde stets wieder damit konfrontiert. Er erkennt diverse Möglichkeiten, um dem Problem entgegenzuwirken. Die Aufmerksamkeit des Marketings fokussiere häufig nur auf den Gast. «Als attraktiver Arbeitgeber beispielsweise auf der Website in Erscheinung zu treten, spielt leider meist eine untergeordnete Rolle», meint Reutlinger. HotellerieSuisse hat nun vor, «Fachkräftemangel/Employer Branding» als Handlungsfeld aufzunehmen. Und so macht sich das Programm selbst fit für die Zukunft.
Coaching-Programm HotellerieSuisse
- Das Coaching Programm richtet sich an Betriebe mit 10 bis 60 Zimmern.
- Die HotellerieSuisse kann auf ein Netzwerk von rund 120 akkreditierten Coaches zurückgreifen.
- Nach einem Standortgespräch mit HotellerieSuisse werden dem Hotelbetrieb fünf verschiedene Coaches vorgeschlagen.
- Nach der Wahl des Coachs profitiert das Hotel durch die Unterstützung des SECO von fünf Coachingtagen im Gesamtwert von CHF 6600.
- Teilnehmen können nur Individualbetriebe, die keiner Kette angehören. Es braucht die offizielle Sterneklassifizierung oder die Auditierung durch das Programm. Es können insbesondere auch Nicht-Mitglieder von Hotelleriesuisse am Programm teilnehmen.
Weitere Informationen und Anmeldung.
Bild: © Berghotel Randolins St. Moritz