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Frisi
Gastbeitrag

Wie können Regionale Innovationssysteme in den Berggebieten mehr Wirkung entfalten?

Die Regionalen Innovationssysteme (RIS) erreichen die Unternehmen in verschiedenen peripheren Regionen noch nicht zufriedenstellend – so lautet die Feststellung von Regula Egli. Als eine der Personen, welche die Konzeption und den Aufbau der RIS stark beeinflusste, ist Regula Egli in ihren Beurteilungen gewiss nicht unabhängig. Das ist aber auch nicht notwendig: Sie bringt zeitliche und institutionelle Distanz, Fachwissen und stellt hiermit sechs Möglichkeiten zur Debatte, wie die Wirkung der RIS in den peripheren Regionen der Schweiz erhöht werden könnten. 

Gastbeitrag von Regula Egli

Die Lage von Regionen beeinflusst ihr Innovationspotenzial, entscheidender sind jedoch Persönlichkeiten, die auf Innovation setzen und die Standortnachteile aktiv überwinden und als kompetitive Vorteile nutzen. So gibt es Regionen wie Unternehmen, die trotz peripherer Lage erfolgreich sind. Meine Analyse und Gespräche haben gezeigt, dass sich das RIS-Konzept grundsätzlich eignet, um auch den Bedürfnissen der Unternehmen in peripheren Regionen gerecht zu werden. Vielerorts werden diese Unternehmen jedoch von den RIS noch nicht zufriedenstellend erreicht. Basierend auf diesen Erkenntnissen und Erfahrungen habe ich nachfolgende Empfehlungen abgeleitet.

Sechs Möglichkeiten, wie die RIS ihre Wirkung in den peripheren Regionen erhöhen können

  • Kommunikation zu den Unternehmen sicherstellen
    Der Nutzen der RIS (insb. des Coachings) ist bei Akteuren ausserhalb der RIS-Community noch nicht genügend bekannt. Dabei könnten regionale Entwicklungsträger oder andere geeignete regionale Akteure, die vertrauensvolle Kontakte zu den Unternehmen pflegen, unterstützen. Die Coronakrise kann hier auch eine Chance sein, da viele KMU nun in engem Kontakt mit kantonalen Stellen, Banken, Verbänden usw. stehen. Diese können jetzt aktiv die RIS einbeziehen oder die KMU mit diesen vernetzen.
     
  • Das Coaching muss innovativen Unternehmen in den peripheren Regionen gerecht werden
    Die RIS fokussieren teilweise auf wertschöpfungsstarke Industriebetriebe. In Berggebieten und peripheren Regionen dominieren jedoch teils andere Branchen (z.B. Tourismus, Bauwirtschaft, Energiesektor, Landwirtschaft, Gewerbe). Damit die RIS-Förderung Wirkung in den peripheren Regionen entfalten kann, muss sie die Unternehmen in diesen Regionen adressieren respektive auch die Branchen abdecken, die in diesen Regionen vorherrschen.
     
  • Auf die im ländlichen Raum verbreiteten marktgetriebenen Geschäftsinnovationen der Unternehmen fokussieren 
    Treiber für Innovationen in peripheren Regionen sind vorwiegend Herausforderungen und Probleme im Alltag, für die Unternehmen und ihre Angestellten – basierend auf ihrer Erfahrung und Kompetenz sowie unter Nutzung ihres persönlichen Netzwerks – Lösungen entwickeln. Die regionale Innovationsförderung sollte sich auf diese Form der Innovation spezialisieren, um Unternehmen in peripheren Regionen unterstützen zu können.Die Kritik am RIS-Konzept – etwa von Vertretern touristischer Bergregionen – ist deshalb hier berechtigt.
     
  • Gute Schnittstelle zur nationalen Innovationsförderung begünstigen 
    Firmen in peripheren Regionen, welche häufig mit Akteuren aus anderen Sektoren und anderen Regionen in Kontakt sind, zeichnen sich empirisch durch höhere Innovationstätigkeit aus als jene Unternehmen, die in erster Linie innerhalb ihres Sektors und innerhalb ihrer Region den Austausch suchen. Studien belegen, dass Regionen mit geringer Innovationskapazität von einer Zusammenarbeit zwischen regionalen Firmen und nicht-regionalen öffentlichen Forschungsinstitutionen am stärksten profitieren.

    Vor diesem Hintergrund ist eine gute Schnittstelle zur nationalen Innovationsförderung der Innosuisse von zentraler Bedeutung, z.B. durch die Einbindung von Innosuisse-Mentoren und –Coaches in die RIS-Governance.
     
  • Erfahrungsaustausch über erfolgreiche Ansätze der Innovationsförderung zugunsten von Unternehmen in peripheren Regionen fördern
    Um Nutzen und Wirkung für Unternehmen in peripheren Gebieten kontinuierlich und nachhaltig zu erhöhen, wird ein spezifischer Lern- und Erfahrungsaustausch zwischen den RIS über erfolgreiche Ansätze empfohlen – insbesondere zur Frage, wie Unternehmen in peripheren Regionen mit Unternehmen in urbanen Wirtschaftsmotoren erfolgreich vernetzt werden können.
     
  • Unternehmerisches Denken und Handeln im Bildungsbereich fördern
    Bildungsprogramme – wie das Company Programm von Young Enterprise Switzerland – die Schülerinnen und Schülern die Gründung und Führung einer Miniunternehmung ermöglichen, können eine zentrale Rolle spielen. Es gibt zwar keine Garantie dafür, dass die Absolventinnen und Absolventen später in ihrer Heimatregion eine Firma gründen. Aber zumindest besteht die Chance dazu, da sie über die Erfahrung und die Kompetenzen verfügen. Deshalb sind periphere Regionen gut beraten, sich für die Verbreitung solcher Programme in ihrer Region stark zu machen und das unternehmerische Potenzial der Region so zu nutzen. 

 

 

 

Bild: frisi.ch - Company of the Year 2019. Das Company Programm von Young Enterprise Switzerland (YES) ermöglicht SchülerInnen, während eines Schuljahres eine Miniunternehmung zu gründen und zu führen, mit allem was dazu gehört. Sie können dadurch ihr kreatives und unternehmerisches Potenzial entdecken und eignen sich die Kompetenzen an, die es für die Gründung und Führung eines Unternehmens braucht. Das macht das Programm relevant, insbesondere für periphere Regionen. 

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Porträt Regula Egli

 

Zur Autorin:

Regula Egli arbeitete von 2003 bis 2017 beim Ressort Regional- und Raumordnungspolitik des SECO, wo sie unter anderem die Konzeption der Regionalen Innovationssystem (RIS) verantwortete. Im Rahmen einer Forschungswerkstatt am Geographischen Institut der Universität Bern zum Thema „Innovation und Kreativität im Berggebiet“ hat sie sich 2019 mit der Frage auseinandergesetzt, was diese RIS den Berggebieten allgemein und speziell peripheren Regionen der Schweiz bringen. Sie beschäftigt sich heute im SBFI sowie als selbständige Unternehmerin weiterhin mit Innovation und Regionalentwicklung.