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Entwicklungsstrategien sichtbar und verständlich machen

Regionale Entwicklungsstrategien (RES) bewegen sich meist auf einer hohen Flughöhe, die für die Bevölkerung schwer verständlich ist und wozu oft kein persönlicher Bezug besteht. Wird die Bevölkerung in die Erarbeitung einer Entwicklungsstrategie einbezogen, hilft es über konkrete Vorhaben, statt lose Ziele zu sprechen und rasch erste Massnahmen umzusetzen.

Unter dem Themenschwerpunkt «Integrale Entwicklungsstrategien fördern» des Programms Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung 2020-2024 werden fünf Projekte geführt. Sie beschäftigen sich mit gesamtheitlichen, auf die Region zugeschnittenen integralen Entwicklungsstrategien, die das Ziel verfolgen, die Lebensqualität zu erhalten oder gar zu erhöhen sowie die Identifikation mit der Region zu stärken. Die Projekte agieren in diversen funktionalen Räumen und sind mit völlig unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert. Im Folgenden werden zwei der fünf Modellvorhaben beleuchtet, um zu zeigen, welche Faktoren zum Erfolg einer Strategie beitragen können.


Landschaftsqualitäten überkommunal in Wert setzen

Regionale Entwicklungsstrategien (RES) nehmen eine wichtige Scharnierfunktion zwischen der Raumplanung (insbesondere der Richtplanung), öffentlichen Fördermassnahmen und privaten Investitionen ein. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Modellvorhaben «Grünes Band». Das Projekt verfolgt das Ziel, die Bedeutung und das Potenzial der Landschaftsqualitäten rund um die Stadt Bern aufzuzeigen. Dieser Raum umfasst hochwertige Natur-, Kultur- und Siedlungslandschaften zwischen dem urbanen Raum und der ländlichen Umgebung. Wird dieser Raum besser in Wert gesetzt, kann sich das positiv auf die Standortattraktivität der beteiligten Gemeinden auswirken. Doch wie wird dies erreicht?

Im Rahmen des Modellvorhaben wurden zuerst dauerhafte Governancestrukturen für die Interessensgemeinschaft IG Grünes Band erarbeitet, in der zehn Gemeinden beteiligt sind. Eingebettet ist auch ein Partnermanagement mit Akteuren wie der Tourismusorganisation Bern Welcome oder dem Landwirtschaftlichen Verein Bern Mittelland. Um die Interessen aller Anspruchsgruppen abzuholen, wurde das Projekt «Plouderpföste» im Jahr 2021 realisiert. Es handelte sich dabei um eine niederschwellige Partizipationsmöglichkeit, indem an verschiedenen Stationen entlang der «Radwanderroute 888 Grünes Band» über das Projekt informiert sowie Ideen und Meinungen abgeholt wurden. Das Projekt kam sehr gut an und es fand eine rege Beteiligung statt.

Karte Plouderpfoste

Bildquelle: www.gruenesband.ch

Die anschliessende Strategieerarbeitung zeigt sich als herausfordernd, da bereits diverse Konzepte und Pläne auf unterschiedlichen Ebenen bestehen, die Einfluss auf den Landschaftsraum nehmen. Die IG vereint in einem Zielbild alle Grundlagen und definiert unterschiedliche Charakterräume. Insgesamt gibt es 18 Vertiefungsräume, die Werkstätten bilden, um die Entwicklungsgrundsätze gemeindeübergreifend anzugehen und umzusetzen. In diversen Gesprächen mit unterschiedlichen Anspruchsgruppen werden die Entwicklungsmöglichkeiten aller Räume identifiziert und in der gesamträumlichen Entwicklungsstrategie zusammengeführt und geschärft. Als thematisch besonders relevant stellten sich im Erarbeitungsprozess die Themen «Klima» sowie «ökologische Infrastruktur» heraus, weshalb diese in der Strategie als sogenannte «Teilbilder» vertieft bearbeitet werden.


Konkrete Massnahmen führen zu gewünschter Wirkung

Mit dem Modellvorhaben soll nicht nur eine Strategie erarbeitet, sondern möglichst wirkungsvolle Massnahmen umgesetzt werden. Für alle Vertiefungsräume werden deshalb Synergien identifiziert und Massnahmen konkretisiert. So entstand beispielsweise der «Masterplan Wohlensee» und die Errichtung eines neuen Waldreservats wurde angestossen.

Um einer Entwicklungsstrategie Sichtbarkeit zu verleihen, eignen sich Massnahmen wie die oben erwähnten «Plouderpföschte» sehr gut. Strategien bewegen sich ansonsten auf einer hohen Flugebene und sind nicht greifbar – so können sie aber auch der Bevölkerung nähergebracht werden.

Das Modellvorhaben erreichte bis jetzt eine Sensibilisierung der Bevölkerung sowie weiteren beteiligten Akteurinnen und Akteuren gegenüber dem Grünen Band und dessen Zielsetzungen. Es zeigte sich auch die Wichtigkeit der regionalen Zusammenarbeit im Allgemeinen sowie spezifisch in den Themen Klima und ökologische Infrastruktur. Durch den Einbezug aller Anspruchsgruppen und die geplante Verstetigung der Interessensgemeinschaft werden laufend Aufwertungsprojekte durchgeführt, um die Attraktivität des Naturraums Grünes Band zu steigern. 


Lokale Identität in einer fusionierten Gemeinde

Die Gemeinde Ilanz/Glion besteht aus 13 Fraktionen, das heisst vormals selbständigen Gemeinden, deren bisherige Identität durch die Fusion im Jahr 2014 herausgefordert wurde. Eine gemeinsame Identifikation mit der neuen Gemeinde entsteht nicht von einem Tag auf den anderen. Die Gemeindeverwaltung ist zwar sehr gut aufgestellt und treibt viele Projekte voran, die zivilgesellschaftlichen Initiativen fehlen jedoch teilweise, da sich Menschen vom Dorfleben ins Private zurückziehen. 

Das Modellvorhaben «Reuniun» will durch Aktivierung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen das Zusammenleben und das Engagement in der Gemeinde fördern. Dazu braucht es partizipative Prozesse, in denen Menschen miteinander ins Gespräch kommen und in die gemeinsame Aktion gebracht werden. Um dies zu erreichen, wurden verschiedene Formate getestet, wie das «Forum Reuniun», an dem inhaltliche und strategische Fragen der Gemeindeentwicklung diskutiert werden. Zudem gibt es das Treffen «Reuniun en acziun», das dem Austausch und zur Vernetzung über verschiedene soziokulturelle Aktivitäten und Pilotprojekte des Modellvorhabens dient. 

Ilanz
Die Bevölkerung trifft sich beim Grillfest in Ilanz. Bildquelle: Gemeinde Ilanz/Glion

Zu Beginn erwies es sich als schwierig, das Interesse der Bevölkerung für Fragen der soziokulturellen Entwicklung zu wecken. Inzwischen hat aber die Idee Fuss gefasst, zum 10-Jahres-Jubiläum der Fusion «etwas zu machen, das in Erinnerung bleibt». Nun wird ein grosses Fest vorbereitet, während eine Arbeitsgruppe von Ehrenamtlichen am Entwurf eines Leitbilds für den Einbezug zivilgesellschaftlicher Kräfte in die Gemeindeentwicklung arbeitet. Um die Bevölkerung zur aktiven Teilnahme zu bewegen, will die Arbeitsgruppe einige gezielte Provokationen in der Gemeinde streuen. Die Projekttragenden unterstützen dieses unkonventionelle Vorgehen, und machen sich Gedanken zur Zukunft des Vorhabens nach Projektabschluss. Es gilt in der Gemeindeverwaltung eine Zuständigkeit für die Umsetzung des Leitbilds zu definieren, damit dieses nicht einfach in einer Schublade verschwindet. Darüber hinaus sollen weitere Gemeinden mit Fusionserfahrungen dazu animiert werden, Erkenntnisse aus diesem Modellvorhaben aufzugreifen und Instrumente zu entwickeln, um den Zusammenhalt zu fördern und zivilgesellschaftliche Kräfte einzubeziehen.


Was kann von den beiden Modellvorhaben gelernt werden?

  • Gute Zusammenarbeit und Kommunikation sind essenziell für erfolgreiche interkommunale Projekte
  • Konkrete Massnahmen helfen dem Verständnis für die Strategie und der Aktivierung der Bevölkerung
  • In partizipativen Prozessen ist es stets anspruchsvoll, alle Zielgruppen zu erreichen – niederschwellige Formate helfen dabei
  • Fusionen müssen gut begleitet und die soziale Dimension der Auswirkungen stets berücksichtigt werden
  • Eine Verstetigung des Projekts muss frühzeitig vorbereitet und Rollen sowie Ressourcen geklärt werden

Weitere Erfolgsfaktoren wurden unter Einbezug aller laufenden Modellvorhaben an der Midterm Conference vom Juni 2022 zusammengestellt.

 

Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung (MoVo)

Acht Bundesämter fördern in der Periode 2020–2024 bereits zum vierten Mal gemeinsam innovative Projekte verschiedener Staatsebenen, um zur kohärenten Raumentwicklung beizutragen. Es handelt sich hierbei um eine gemeinsame Massnahme der Agglomerationspolitik sowie der Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete.

Innerhalb von fünf thematischen Schwerpunkten werden 31 Vorhaben mit insgesamt 3,9 Millionen Franken unterstützt. Die aktuelle Periode umfasst folgende Schwerpunkte:

  • Digitalisierung für die Grundversorgung nutzen
  • Integrale Entwicklungsstrategien fördern
  • Landschaft ist mehr wert
  • Siedlungen, die kurze Wege, Bewegung und Begegnung fördern
  • Demographischer Wandel: Wohn- und Lebensraum für morgen gestalten

Weitere Informationen: modellvorhaben.ch oder über den E-Newsletter Modellvorhaben. (Bestellung: Senden Sie eine E-Mail mit Vermerk «Bestellung E-Newsletter Modellvorhaben» an modellvorhaben@are.admin.ch).

 

 

Bildquelle: Bern Welcome

 

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