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Potenziale von dörflicher Nachbarschaft und lokaler Identität für die Regionalentwicklung sollen erhoben und aktiviert werden. © Pascal Mora, Zürich

Kohärente Raumentwicklung – ein gemeinsames Handlungsverständnis

Bevölkerung und Wirtschaft in der Schweiz wachsen und beanspruchen immer mehr Raum. Zugleich gilt es, vielfältige Landschaften, Biodiversität und bedeutende Bauten zu erhalten. Damit die verschiedenen Ansprüche an den Raum besser aufeinander abgestimmt werden können, müssen alle öffentlichen und privaten Akteurinnen und Akteure ihre raumrelevanten Planungen, Programme und Projekte stärker koordinieren.

Der Bundesrat hat im Juni 2024 die neue Strategie «Agglomerationspolitik und Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete – Beitrag des Bundes für eine kohärente Raumentwicklung 2024-2031» verabschiedet. Diese Strategie bildet die Basis für eine kohärente Raumentwicklung (KoRE). Die Agglomerationspolitik (AggloPol) und die Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete (P-LRB) leisten als Querschnittspolitiken des Bundes wichtige Beiträge zur Koordination und Zusammenarbeit und tragen ebenfalls massgeblich zu einer kohärenten Raumentwicklung bei. Wichtige Beiträge zur Umsetzung liefern die verschiedenen Sektoralpolitiken des Bundes, die auf den Raum wirken, aber auch entsprechende Politiken und Aktivitäten auf kantonaler, regionaler und kommunaler Ebene. Die AggloPol, die P-LRB und die raumrelevanten Sektoralpolitiken sind in den strategischen Rahmen des Raumkonzepts Schweiz (RKCH) und der Strategie Nachhaltige Entwicklung Schweiz 2030 (SNE 2030) eingebettet.
 

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Eine Vision

Mit einer kohärenten Raumentwicklung gestalten Bund, Kantone, Städte und Gemeinden eine nachhaltige Schweiz, in der resiliente, lebenswerte und wettbewerbsfähige Regionen mit starken Zentren und funktional angebundenen Räumen ihren Beitrag an die nachhaltige Entwicklung von Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt leisten. Vier Leitideen dienen als Handlungsanleitung, um eine kohärente Raumentwicklung zu erreichen:

Raumwirksame Politiken fördern die horizontale und vertikale Zusammenarbeit
Verschiedene nationale, kantonale und kommunale Sektoralpolitiken – etwa in den Bereichen Verkehr, Energie, Landwirtschaft, Tourismus oder Raumplanung – prägen die räumliche Entwicklung: zum einen über Regulierungen und Vorschriften, zum anderen über Finanzhilfen oder Förderprogramme. Damit sich ein Raum kohärent weiterentwickeln kann, müssen Politiken, Planungen, Programme und Projekte, die in diesem Raum wirken, bestmöglich aufeinander abgestimmt werden.
Zentren und Umland - sowohl in urbanen als auch in ländlichen Räumen - vernetzen sich
Städtische Gebiete sowie ländliche Räume und Berggebiete sind heute stark vernetzt und ihre Herausforderungen und Entwicklungen sind eng gekoppelt. Diese Vernetzung gilt es aufrechtzuerhalten, zu verbessern und für eine nachhaltige räumliche Entwicklung zu nutzen. 
Akteurinnen und Akteure denken und handeln in funktionalen Räumen, nutzen Synergien, reduzieren bestehende und vermeiden neue Konflikte
Gemeinden, Städte und Regionen sind häufig durch zahlreiche soziale, wirtschaftliche und/oder kulturelle Beziehungen miteinander verflochten. Diese sind bei der Entwicklung und Umsetzung von Projekten und Massnahmen zu berücksichtigen. Entsprechend ist Denken und Handeln in funktionalen Räumen gefragt. Letztere sind nicht durch Gemeinde-, Kantons- oder Landesgrenzen bestimmt, sondern dadurch, dass im Alltag die meisten sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Aktivitäten in diesen Räumen stattfinden, ein enger Austausch gepflegt wird und ähnliche Herausforderungen anstehen. Die Politiken und Massnahmen sollen so ausgestaltet und weiterentwickelt werden, dass Synergien genutzt und Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Zielsetzungen und Raumnutzungen soweit möglich reduziert werden können. Dies erfordert einen frühzeitigen Austausch, Interessenabwägung und rücksichtsvolles Planen. Je nach Projekt oder Vorhaben kann der geeignete Aktionsradius und die Zusammensetzung der beteiligten Akteurinnen und Akteure variieren. 
Regionen identifizieren, nutzen und verstärken ihre Potenziale
Jede Region hat ihre Stärken. Diese gilt es zu identifizieren, strategisch zu nutzen und weiterzuentwickeln. Das bedeutet auch, dass bei der Entwicklung Schwerpunkte gesetzt werden und nicht überall alles umgesetzt werden soll. 

Die Praxisbeispiele «Kohärente Raumentwicklung» illustrieren, wie diese Leitlinien in den Regionen umgesetzt werden können, wie das Zusammenspiel der verschiedenen Akteure funktioniert und welche Rolle dabei regionale Entwicklungsträger übernehmen: 

 

Fünf Ziele für die nächsten acht Jahre

Der Bundesrat hat in seiner Strategie «Agglomerationspolitik und Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete – Beitrag des Bundes für eine kohärente Raumentwicklung 2024-2031» fünf Ziele der AggloPol und der P-LRB für die nächsten acht Jahre bis 2031 formuliert: 

  • Eine hohe Lebensqualität für die Bevölkerung schaffen
  • Die Standortattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit stärken
  • Landschaft und natürliche Ressourcen in und ausserhalb der Siedlungen schonen, schützen und aufwerten
  • Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel vorantreiben
  • Gesellschaftliche Vielfalt und Zusammenhalt der Regionen stärken

Diese Ziele sollen mit räumlich spezifischen Massnahmen für die Agglomerationen, ländlichen Räume und Berggebiete erreicht werden. In erster Linie erfolgt dies durch die Sektoralpolitiken. Ergänzend dazu finden sich Massnahmen im neu vorgesehenen Aktionsplan 2024+.
 

Aktionsplan des Bundes für die Umsetzung der AggloPol und die P-LRB

Der Aktionsplan besteht aus spezifischen Massnahmen, die die Wirkung der sektoralen Politik des Bundes und der lokalen Politik ergänzen. Der Aktionsplan 2024+ sieht Massnahmen vor, die für Agglomerationen, ländliche Räume und Berggebiete gleichermassen gelten. Ergänzend unterstützen spezifische Massnahmen die Agglomerationen bzw. die ländlichen Räume und Berggebiete dabei, massgeschneiderte Lösungsansätze zu entwickeln. Gemeinsam unterstützen sie alle Teilräume bei ihrer kohärenten Entwicklung im Rahmen der Umsetzung von sektoralen Bundespolitiken sowie von kantonalen, regionalen und kommunalen Politiken und Ansätzen.  
 

Weiterführung bestehender Massnahmen:

Weiterentwicklung des Programms Agglomerationsverkehr
Das Programm Agglomerationsverkehr (PAV) zählt zu den zentralen und bewährten Massnahmen der AggloPol. Über das Programm unterstützt der Bund seit 2008 Städte und Agglomerationen – unabhängig von ihrer räumlichen Lage und ihrer Grösse – bei der Finanzierung von Projekten zur Koordination von Verkehrs- und Siedlungsentwicklung einerseits und der verschiedenen Verkehrsträger untereinander andererseits. Ziel der Weiterentwicklung des Programms Agglomerationsverkehr ist die zeitgemässe Optimierung und Präzisierung der Themen Verkehr und Siedlung unter Berücksichtigung der Landschaft. 

Mehr zum Programm Agglomerationsverkehr und den verschiedenen Agglomerationsprogrammen: www.agglomerationsverkehr.ch

Programm «Modellvorhaben nachhaltige Raumentwicklung» 
Die «Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung» sind ein interdepartementales Programm, das von zehn Bundesämtern getragen wird (ARE als federführendes Bundesamt, ASTRA, BAFU, BAG, BAK, BASPO, BFE, BLW, BWO, SECO). Mit den Modellvorhaben unterstützt der Bund Projekte an der Schnittstelle zwischen verschiedenen Themen und Sektoralpolitiken während jeweils vier Jahren finanziell und begleitet sie fachlich. Der Bund ermöglicht Gemeinden, Regionen und privaten Akteurinnen und Akteure, sich den Herausforderungen in funktionalen Räumen zu stellen. Die Projekte haben Modellcharakter, d. h. sie entwickeln und erproben innovative, sektorübergreifende Lösungen für komplexe Problemstellungen im betreffenden Raum. Zudem wollen die Modellvorhaben die Beteiligten für Fragen der nachhaltigen Raumentwicklung sensibilisieren sowie den Wissenstransfer unter interessierten Akteurinnen und Akteuren und den Erkenntnisgewinn für Bund, Kantone, Städte und Gemeinden fördern.

Mehr Informationen unter www.modellvorhaben.ch. Dort sind auch die Projekterfahrungen und Erkenntnissen aus den früheren Programmphasen publiziert.
Wissensmanagement
Im Bereich Wissensmanagement führt der Bund folgende Massnahmen weiter: 
regiosuisse
Umfassendes Wissensmanagement für Akteurinnen und Akteure, die sich mit Regionalentwicklung und generell mit kohärenter Raumentwicklung befassen.  
Netzwerk Lebendige Quartiere
Vernetzung der Akteurinnen und Akteure, die im Bereich der Quartierentwicklung tätig sind.
Cercle Régional
Fokussiert auf die sektorenübergreifende Zusammenarbeit zwischen Landwirtschafts-, Regional- und Tourismuspolitik und richtet sich an die Verantwortlichen der entsprechenden Projektförderinstrumente auf Ebene der Regionen, der Kantone und des Bundes. 
Monitoring
Der Bund verfügt über eine Reihe von Monitoringsystemen zur räumlichen Entwicklung: Raumbeobachtung Schweiz (ARE), Regionale Disparitäten (BFS), Regionenmonitoring (regiosuisse/SECO), City Statistics (BFS), Landschaftsbeobachtung Schweiz LABES (BAFU) etc. Der Bund wird diese Monitoringsysteme für die Agglomerationen, ländlichen Räume und Berggebiete weiterentwickeln und aktualisieren.

Der Bundesrat ergänzt die bisherigen Massnahmen mit drei neuen Massnahmen:

  • Beitrag der Sektoralpolitiken zur Erreichung der Ziele der AggloPol und der P-LRB aufzeigen und stärken: Ziel der neuen Massnahme ist es, die vielfältigen Beiträge der raumrelevanten Sektoralpolitiken an die Ziele der AggloPol und P-LRB auszuweisen und die entsprechenden Erfahrungen auszutauschen. 
  • Transfer der Erfahrungen aus den Modellvorhaben: Mit Unterstützung des Bundes können die Erfahrungen aus den Modellvorhaben auf andere Regionen übertragen werden. Mit dieser Massnahme sollen die Akteurinnen und Akteure aus anderen Regionen, die mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind, von den gesammelten Erfahrungen vergangener Modellvorhaben profitieren.
  • Mit einem «Entwicklungsprozess ländlicher Raum (ELR)» identifizieren Regionen ihre Ressourcen und Potenziale und entwickeln Strategien für deren Aufwertung, Verstärkung, Sicherung und Inwertsetzung. Dieses Instrument des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) wird weiterentwickelt und auf eine breitere Finanzierungsbasis gestellt.


Umsetzung durch verschiedene Akteurinnen und Akteure

Eine kohärente Raumentwicklung erfordert ein Zusammenspiel unterschiedlicher Akteurinnen und Akteure. Eine zentrale Rolle bei der Umsetzung einer kohärenten Raumentwicklung spielen verschiedene Sektoralpolitiken des Bundes, denn sie beeinflussen die Entwicklung und Nutzung des Raums. Dazu zählen neben der Raumplanung beispielsweise die Agrarpolitik, Verkehrspolitik, Tourismus- oder Regionalpolitik. 

Bund, Kantone, Regionen, Städte und Gemeinden übernehmen mit ihren jeweiligen Kompetenzen, Instrumenten und Ressourcen gemeinsam die Verantwortung für eine kohärente Raumentwicklung. Sie beziehen weitere Beteiligte aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft ein. Sie arbeiten sektorübergreifend und richten ihr Handeln an funktionalen Räumen aus. Sie sehen die Komplementarität von urbanen und ländlichen Räumen auf verschiedenen Ebenen als Chance und nutzen dabei die Synergien von Stadt und Land respektive Zentren und Peripherien.

Eine vertikale und horizontale Zusammenarbeit ist für die Umsetzung der oben formulierten Vision und Ziele ein entscheidender strategischer Erfolgsfaktor: 

  • Vertikal, weil die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf kantonaler und eidgenössischer Ebene berücksichtigt werden und sich Bund, Kantone, Städte und Gemeinden abstimmen müssen.
  • horizontal, weil die kohärente Raumentwicklung eine sektorübergreifende Vorgehensweise und die Zusammenarbeit innerhalb funktionaler Räume erfordert.

 

Weitere Informationen und Publikationen

 

 

© Titelbild: Pascal Mora, Zürich 

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