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Interreg-Low-Tech-Gebäude

Klimakompatible Wertschöpfung durch die Neue Regionalpolitik

Der Klimawandel betrifft die Berggebiete und den weiteren ländlichen Raum der Schweiz besonders stark. Zunehmende Naturgefahren und wirtschaftliche Folgen im Tourismussektor durch Schneeunsicherheiten gehören zu den Herausforderungen. Mit innovativen Lösungen können die betroffenen Regionen dem Klimawandel begegnen, was sie auch wirtschaftlich stärker macht. Die Neue Regionalpolitik (NRP) des Bundes kann mit ihren Finanzierungsmöglichkeiten einen wichtigen Beitrag leisten. Zahlreiche Projekte mit Bezug zum Klimawandel konnten bereits umgesetzt werden.

Die Schweiz orientiert sich in ihrer Klimapolitik am globalen Rahmen des Übereinkommens von Paris von 2015. Die globale Erwärmung soll deutlich unter 2°C gegenüber vorindustriellen Temperaturen begrenzt werden. Um dies zu erreichen, hat die Schweiz ihr Klimaziel angepasst und strebt die Klimaneutralität bis 2050 an. Neben einem konsequenten Klimaschutz ist die Anpassung an die unvermeidlichen Auswirkungen des Klimawandels wichtig. Die aktualisierte Strategie des Bundesrates zur Anpassung an den Klimawandel und ihr Aktionsplan legen die Massnahmen fest. Neben den Risiken betont die Strategie auch die Chancen und die Bedeutung, die Anpassungsfähigkeit von Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt zu steigern.

Im Rahmen der Neuen Regionalpolitik unterstützen Bund und Kantone innovative Vorhaben, welche die regionalwirtschaftliche Entwicklung nachhaltig stärken. Eine Betrachtung der umgesetzten NRP- und Interreg-Projekte zeigt, dass viele wertschöpfungsorientierte Vorhaben bereits innovative Lösungen für die Anpassung an den Klimawandel und zum Klimaschutz in den Berggebieten, dem weiteren ländlichen Raum und den Grenzregionen der Schweiz bieten. Die Zusammenstellung zeigt auch, wo Potenzial für künftige Projekte vorhanden ist.
 

Anpassung des Wintertourismus an den Klimawandel

Der Klimawandel zeigt sich nicht nur in der Erhöhung der Temperatur, sondern hat vielfältige Auswirkungen wie zum Beispiel mehr Hitzeperioden, trockenere Sommer, mehr Starkniederschläge und geringere Schneemengen. Die schwindende Schneesicherheit fordert insbesondere den Tourismussektor in den Schweizer Berggebieten. Die Schweizer Alpen sind eine der wichtigsten Wintersportdestinationen weltweit. Aber bereits ohne die Auswirkungen des Klimawandels ist der Skitourismus rückläufig. Die WintersportlerInnen unternehmen vermehrt kurzfristig und tageweise Ausflüge in die Wintersportdestinationen. Verlierer im Alpenraum sind insbesondere Wintersportgebiete unterhalb 2000 Meter über Meer, die auch einen Rückgang des wertschöpfungsstarken Übernachtungstourismus spüren. Neue und erweiterte Angebote sind gefragt, die unabhängig oder weniger von der Schneemenge abhängig sind. Chancen ergeben sich durch die Verlängerung der Sommersaison. Hitzewellen werden länger und intensiver und die Menschen schätzen in diesen Zeiten vermehrt die Bergfrische als Erholung.

Die Stockhornbahn im Berner Oberland hat sich erfolgreich vom Alpinski verabschiedet und zu einer Vier-Jahreszeiten-Destination weiterentwickelt. Die Erneuerung ihrer Infrastrukturen wurde mit einem NRP-Darlehen unterstützt. In der gleichen Region erarbeiten die Wiriehornbahnen eine Umpositionierung ihrer Angebote mit verschiedenen Akteuren. Mit Unterstützung der NRP diversifizierte sich das Erholungsgebiet Frience in Gryon mit neuen Ganzjahresangeboten. Innovative Angebote können auch in neuen Segmenten des Tourismussektors entwickelt werden. Mit «Natur bewegt» entwickelt Guttannen touristische Bildungsangebote zu den Themen Klimawandel und Naturgefahren. Diese erfolgreichen Beispiele zeigen auf, wie in den betroffenen Regionen mit Unterstützung der NRP die Risiken des Klimawandels abgefedert und die Chancen in Wert gesetzt werden können.
 

Klimaschutz mit innovativen Lösungen

In den Regionen sollen Projekte idealerweise sowohl Klimaschutz als auch -anpassung einbeziehen. Das NRP-Projekt «Clim’Ability Design» hat es sich zum Ziel gesetzt, die KMU am Oberrhein bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Das Projektteam hat dazu ein Selbstdiagnose-Tool für Unternehmen entwickelt. Die Synergien im Grenzraum können genutzt werden, um bessere Resilienz-Szenarien zu entwerfen. Daraus lassen sich spezifische Anpassungsmassnahmen ableiten. Die Anforderungen an den Klimaschutz werden im Erarbeitungsprozess berücksichtigt.

Im Bereich Energiewirtschaft möchte sich der Aargauer Jura mit dem NRP-Vorhaben «Energy by Nature» als nachhaltige Energieregion positionieren. In der Region soll durch CO2-neutrale Energieproduktionstechniken Wertschöpfung generiert werden. Der Wissensaustausch zwischen Akteuren und Akteurinnen, neue Ausbildungsmöglichkeiten, Partnerschaften für ein Kompetenzzentrum und energietechnische Pilotanlagen sind einige Ziele des Projekts. Auch die Förderung von energieeffizienten Gebäuden (z.B. Konzepte für klimaverträgliche «Low-Tech»-Gebäude) und von Holz als zukunftsträchtige Bausubstanz tragen zur Senkung der Treibhausgasemissionen bei. Der Kanton Waadt erarbeitet im Rahmen der NRP ein kantonales Programm zur Förderung der Holzbranche bis 2022. Das Projekt zielt auf eine nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen ab und ist eine Antwort auf die strategischen Fragen rund um die Forst- und Wirtschaftspolitik des Kantons.

Die Digitalisierung kann ebenfalls einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Das grenzüberschreitende Interreg-Projekt «SmartVillages» setzt auf die Chancen der Digitalisierung für Gemeinden im Alpenraum. Beispielsweise sollen Telearbeit und «Coworking-Spaces» im ländlichen Raum die Arbeitswege verkürzen.
 

Berücksichtigung des Klimas in NRP-Projekten

Die Betrachtung der NRP-Projekte mit Klimabezug zeigt nicht nur die hohe Anzahl an wertschöpfungsorientierten Vorhaben auf, sondern auch die Vielfalt möglicher Projekte, sei es im Tourismus, oder auch in anderen wirtschaftlichen Bereichen.

Insgesamt sind der Bedarf und das Potenzial für klimakompatible Projekte in den Zielgebieten der NRP hoch. Das Wissen und die Erfahrung dazu müssen weiter ausgebaut werden, um die Auswirkungen des Klimawandels in diesen besonders sensiblen Zonen abzufedern. Dazu gehört die Beantwortung der Frage, in welchem Rahmen solche Projekte mit NRP-Fördergeldern verstärkt realisiert werden können.
 

Welche klimarelevanten Projekte können durch die NRP gefördert werden und wie berücksichtige ich als ProjektträgerIn das Klima in der Planung und Umsetzung?

Mit der NRP unterstützen Bund und Kantone das Berggebiet, den weiteren ländlichen Raum und die Grenzregionen in ihrer regionalwirtschaftlichen Entwicklung. Die NRP ermöglicht wertschöpfungsorientierte und innovative Projekte in den Bereichen Tourismus, Industrie, Bildung, Energie und viele weitere.

Das Klima ist Teil des Schlüsselkriteriums «Nachhaltigkeit» für Projekte der NRP. Das neue Themendossier «Nachhaltigkeit in der Regionalentwicklung» informiert über die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Dimensionen der Nachhaltigkeit und zeigt wie sie in der Regionalentwicklung berücksichtigt werden können.

Weitere Projekte der Regionalentwicklung mit Bezug zum Klimawandel finden Sie in der regiosuisse-Projektdatenbank unter dem neuen Themenfilter «Klima».


Autorenschaft: Stefijujis Antony Stephen, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Ressort Regional- und Raumordnungspolitik des SECO und Pascal Blanc, verantwortlich für den Fachbereich Nachhaltigkeit und Klima bei regiosuisse.


Quellen

Bild: Low-Tech-Gebäude der Firma Josias Gasser Baumaterialien AG (fotobollhalder.ch), Teil des Interreg-Projektes Konzepte für klimaverträgliche «Low-Tech»-Gebäude.

 

 
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