Produktion vor Ort oder Auslagerung? – Reflexionselemente
Die Wahl des oder der Produktionsstandorte stellt ein Schlüsselelement des Unternehmenswettbewerbs dar. Aus diesem Grund fragen sich die Verantwortlichen ständig, ob es besser ist, nahe bei den Klienten oder in einem Niedriglohnland zu produzieren. Die Regionalentwickler ihrerseits versuchen kontinuierlich, die Risiken der Auslagerung aktiver lokaler Unternehmen zu verringern. Sie versuchen die Unternehmen davon abzubringen. Die Professorin an der HEC Lausanne, Frau Suzanne de Treville, betont, dass die KMUs in Anbetracht der Verschlechterung der Rahmenbedingungen in der Schweiz Angst haben, Verluste zu machen. Die öffentliche Hand ihrerseits ist besorgt, dass sie Subventionen freigeben muss, um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts zu erhalten. Man riskiert, sich in einer «lose-lose-Dynamik» zu befinden, und allen sind die verheerenden Auswirkungen eines Verlusts von Produktionsaktivitäten in den Ländern, nämlich einer Deindustrialisierung, bewusst. Wie kann dieses Risiko in eine Chance verwandelt werden?
Eine Studie und ein Instrument
Der Kanton Jura und die Universität Lausanne haben sich Überlegungen zur Reduktion der Risiken der Produktionsverlagerungen gemacht. In einer Studie mit dem Titel «Les coûts cachés d’une délocalisation» haben sie die Variablen analysiert, welche die Unternehmer/innen motivieren, ihre Produktion zu verlagern. Ausserdem haben sie das «Cost Differential Frontier Calculator»-Instrument entwickelt (CDF), das es erlaubt zu berechnen, wieviel Prozent die Produktionskosten sinken müssen, um eine Produktionsverlagerung zu rechtfertigen. Frau Suzanne de Treville und ihr Team sind bereit, die Direktor/innen von KMUs in der Anwendung des CDF zu unterstützen, was zu empfehlen ist. Gemäss Jean-Claude Lachat, Delegierter für Wirtschaftsförderung des Kanton Jura, regt dieses Instrument die KMUs an, ein Entscheid für Produktionsverlagerung vorgängig verstärkt zu analyisieren. Die Option einer Aufrechterhaltung des Produktionsstandorts innerhalb der Region wird daher bevorzugt. Folglich unterstützt er die regionale Innovation und Produktion.
Die Bedeutung einer Produktion vor Ort
Wer eine Produktion verlagert, wird gezwungen die davon ausgehende langfristige Nachfrage abzuschätzen, welche derjenigen vor Ort entsprechen sollte. Die sich daraus ergebenden, unumgänglichen Differenzen zwischen den Schätzungen und der Realität, generieren Kosten (z.B. Lagerung) oder Gewinnausfälle (Unfähigkeit auf die Nachfrage zu antworten, Verlust an Kunden). Sie müssen von der Wirtschaft auf die Preise der Produkte oder die eingekauften Dienstleistungen abgewälzt werden können. Ansonsten macht die Verlagerung keinen Sinn. Welches sind jedoch die versteckten Kosten?
In erster Linie erhöht die Verlagerung die Beschaffungskosten. Der Transport kann mehr Zeit beanspruchen als geplant und ein Container kann aufgrund von Zollabfertigungsproblemen an der Grenze festgehalten werden. Das KMU wird folglich Schwierigkeiten haben, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Kommunikationsprobleme können auftauchen und Kosten verursachen, in Anbetracht dass der/die Unternehmer/in mit Sprach- und Verständigungsschwierigkeiten sowie unterschiedlichen Gesetzgebungen konfrontiert ist. Es ist unvermeidbar, dass eine Produktionsverlagerung auch einen Verlust an geistigem Eigentum und letztlich eine Auftragseinbusse mit sich bringt, indem die Produkte oder Dienstleistungen zu besseren Preisen und vielleicht in besserer Qualität direkt durch die Zulieferanten angeboten werden. Schlussendlich darf man nicht vergessen, dass die Distanz zwischen der Produktion und den Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten eine negative Auswirkung auf den Austausch zwischen den Akteuren und diesen beiden strategischen Funktionen hat. Daraus folgt eine Verminderung der Innovationskapazitäten des Unternehmens.
Die Analyse der versteckten Kosten erlaubt es, eine Liste von Argumentationen zu erstellen, die für eine Produktion vor Ort spricht. Diese Kenntnisse können in die Diskussionen mit den regionalen Unternehmen und in die Überlegungen hinsichtlich der Erarbeitung von kantonalen und regionalen wirtschaftlichen Entwicklungsstrategien einfliessen.
Über das Unternehmen hinaus hat die Produktion vor Ort den Vorteil der Beschaffung und des Erhalts von Arbeitsplätzen und des Verbleibs der Bevölkerung innerhalb der Region zu Gunsten der lokalen Wirtschaft. Zudem generiert sie Steuereinkünfte für die öffentliche Hand. Eine Produktion vor Ort stellt auch ein Engagement und ein Beitrag der Unternehmer/innen für die Stärkung ihres Gemeinwesens dar.
Was sollte also gemacht werden, um die Produktionsverlagerung zu verhindern?
Bild: Thomas Max Müller / pixelio.de