Zusammenarbeit und Kooperation als Basis für Regionalentwicklungsprojekte
- Impulse geben und Anreize schaffen: Oft braucht es einen Impuls und Anreiz, damit konkrete Zusammenarbeits- und Kooperationsprojekte entstehen. Auch regionale Entwicklungsträger wie Regionalmanagements, Berufs- und Branchenverbände usw. können hier aktiv werden. Mögliche Impulse liefern zum Beispiel Vernetzungsanlässe und Austauschplattformen, die potenzielle Projektpartner zusammenzuführen oder Vorleistungen wie Potenzial- und SWOT-Analysen, die einen gemeinsamen Handlungsbedarf aufzeigen.
- Zusammenarbeiten wollen: Erzwungene Kooperationen sind meist zum Scheitern verurteilt. Die Beteiligten müssen zusammenarbeiten wollen. Nur so sind sie ausreichend motiviert und identifizieren sich mit dem Vorhaben. Wer sich nur vordergründig auf eine Zusammenarbeit einlässt und nur die eigenen Interessen in den Vordergrund stellt, erschwert jegliche Kooperation.
- Frühzeitig zusammenarbeiten und kooperieren: Wirtschaftliche Probleme oder Nachfolgeregelungen sind vielfach Auslöser von Kooperationsprozessen. Wichtig ist, frühzeitig zu agieren und nicht zuzuwarten, bis sich Probleme zuspitzen. Eine Zusammenarbeit unter Zeitdruck aufzubauen, ist schwierig und schränkt den Handlungsspielraum ein.
- Die richtigen Partner wählen: Die Wahl der Partner hängt von den Zielen ab, die mit der Zusammenarbeit erreicht werden sollen. Wichtige Voraussetzungen sind ähnliche Interessen oder Probleme, persönliche Sympathien, der Bedarf an Austausch und Wissenstransfer usw. Für die Steigerung der regionalen Wertschöpfung kann eine Zusammenarbeit entlang von Wertschöpfungs- und Serviceketten oder horizontal zur Erreichung einer kritischen Masse den gewünschten Erfolg bringen. Die sektorübergreifende Vernetzung von Unternehmen oder mit Forschungsinstitutionen sowie «Public-Private-Partnerships» bilden ebenfalls eine gute Basis für Kooperationsprojekte. Neue Perspektiven und Möglichkeiten kann auch die Zusammenarbeit über Kantons-, Regions-, oder Landesgrenzen hinweg eröffnen. Ergänzendes Know-how und unterschiedliche Kompetenzen und Erfahrungen fördern innovative Produkte und Lösungen. Zu grosse Unterschiede zwischen den Beteiligten können jedoch zu unüberbrückbaren Differenzen führen und partnerschaftliche Lösungen gefährden.
- Gemeinsames Projektverständnis schaffen: Zusammenarbeit gelingt, wenn sich die Beteiligten auf ein gemeinsames Ziel verpflichten und ihre Handlungen darauf ausrichten. Unterschiedliche Branchenjargons und Mentalitäten bergen die Gefahr, dass Projektpartner aneinander vorbeireden. Zu Beginn müssen sich die Beteiligten deshalb über ihre persönliche Motivation, ihre möglichen Beiträge zum Projekt und ihre Erwartungen an die Projektgestaltung und die Ergebnisse austauschen können. Dies schafft ein gemeinsames Projektverständnis und fördert das gegenseitige Vertrauen. Defizite bei der Kommunikation erschweren die Zusammenarbeit. Methoden wie die «Flow-Blume» oder «Mentale Modelle» helfen, ein gemeinsames Projektverständnis zu erreichen. Auch ein gemeinsam erarbeitetes «Wirkungsmodell» des Projekts kann zielführend sein. Es erleichtert zudem, Projektziele und Wirkungen im Auge zu behalten.
- Mehr zur Arbeit mit Wirkungsmodellen im Themendossier «Wirkungsorientierung».
- Weitere Informationen zur «Flow-Blume» und zu «Mentalen Modellen im Praxisleitfaden für erfolgreiche Regionalentwicklung (Kap. 4.8).
- Bei gemeinsamen Interessen anknüpfen: Die verschiedenen Projektpartner haben meist unterschiedliche Interessen und Mitwirkungsmotive. Oft bestehen auch Konkurrenzsituationen. Im Fokus sollten deshalb gemeinsame Interessen, Anliegen und Probleme sowie die Ziele stehen, die gemeinsam erreicht werden können. Besonders zu Beginn einer Zusammenarbeit ist es hilfreich, die Gemeinsamkeiten zu betonen. Im weiteren Verlauf müssen jedoch auch kontroverse Themen und Konfliktfelder aufgegriffen werden.
- Vielfalt als Chance verstehen und kompromissbereit sein: Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit braucht es Offenheit gegenüber anderen Ideen und Arbeitsweisen. Gefragt sind Empathie, die Fähigkeit, mit Unterschieden umzugehen und Kompromissbereitschaft.
- Vorteile und Mehrwert bieten und aufzeigen: Wer die Sinnhaftigkeit und den Mehrwert der Zusammenarbeit nicht sieht, macht gar nicht erst mit, bringt sich nicht ein oder nimmt die Zusammenarbeit lediglich als zusätzliche Belastung wahr. Die Zusammenarbeit muss einen konkreten, spürbaren Nutzen für die Beteiligten bringen und/oder zu deren Zielen beitragen. Wird die Zusammenarbeit auf konkrete Massnahmen oder Produkte ausgerichtet, macht dies den Nutzen greifbar.
- Nachvollziehbare und akzeptierte Verteilung der Kooperationsvorteile und -kosten sicherstellen: Der Nutzen einer Zusammenarbeit ist nie für alle Beteiligten gleich gross. Der Weg führt hier über ein nachvollziehbares, transparentes, von allen Beteiligten akzeptiertes Verteilungsverfahren. Nutzen, Vorteile und Kosten verändern sich über die Zeit und müssen immer wieder neu reflektiert werden.
- Klare Regeln und Strukturen mit ausreichend Flexibilität schaffen: Eine funktionierende Zusammenarbeit bedarf klarer Regeln und Strukturen – dazu zählen auch Spielregeln, wie Entscheide gefällt werden. Sie gewährleisten die Kontinuität der Zusammenarbeit auch über wechselnde personelle Zusammensetzungen hinweg. Damit Anpassungen an veränderte Rahmenbedingungen und Bedürfnisse möglich bleiben, müssen die Regeln und Strukturen eine gewisse Flexibilität zulassen.
- Unterschiedliche Kompetenzen, Prozesse und Geschwindigkeiten bei der Entscheidfindung berücksichtigen: Projektpartner aber auch Mitglieder von Begleit-, und Steuerungsgruppen verfügen nicht immer über dieselben Entscheidungsbefugnisse. Häufig sind sie zudem in unterschiedliche Entscheidfindungsprozesse eingebunden, die unterschiedlich viel Zeit beanspruchen können. Dies ist bei der Zusammenarbeit und Projektarbeit zu berücksichtigen.
- Projekte modular aufbauen und schrittweise umsetzen: Zu viele gleichzeitig laufende Prozesse können zu Blockaden führen. Wird ein Kooperationsprojekt in verschiedene Module aufgeteilt, kann es schrittweise umgesetzt werden. Ein solches Vorgehen erlaubt zudem, das für einen erfolgreichen Projektverlauf notwendige Vertrauen und die Zusammenarbeit nach und nach auf- und auszubauen.
- Variable Geometrie bei der Projektbeteiligung ermöglichen: Die Interessen und Kompetenzen der Beteiligten können stark variieren, auch wenn gesamthaft gesehen ein gemeinsames Ziel verfolgt wird. Ein Ansatz, dieser Herausforderung zu begegnen, sind thematische Arbeitsgruppen oder Projekt-Unterorganisationen, die separat einzelne Projekte bzw. Projektteile bearbeiten. Der Austausch untereinander muss jedoch gewährleistet bleiben.
- Aufwand realistisch abschätzen: Zusammenarbeitsprojekte bringen oft einen höheren Koordinationsaufwand mit sich und sind entsprechend aufwendig und zeitintensiv. Dies muss bei der Planung und Umsetzung berücksichtig werden.
Der intensive Austausch über die Grenzen der Gemeinde, des Kantons und immer mehr auch der Landesgrenze hinweg ist Alltag. Auch Unternehmen suchen und finden ihre Kunden, Geschäftspartner und Fachkräfte ungeachtet der herkömmlichen Grenzen. Zahlreiche Herausforderungen lassen sich in Zusammenarbeit mit Partnern aus anderen Regionen, Kantonen oder Ländern besser bewältigen. Die Zusammenarbeit in funktionalen Räumen und darauf fussende Projekte, tragen dem Rechnung.
In funktionalen Räumen treffen oft unterschiedliche Kontexte, Strategien, Regelungen, Verfahren und Kulturen aufeinander. Dies birgt Potenzial für neue Ideen und Innovationen, kann gemeinsame Projekte aber auch erschweren. Immer wieder wirken sich zudem kommunale, kantonale oder nationale Eigeninteressen hinderlich auf eine gebietsübergreifende Zusammenarbeit aus. Folgende Ansätze können dazu beitragen, dass die Zusammenarbeit gelingt:
- Mit einer gemeinsamen Strategie oder einem gemeinsamen Fonds die Zusammenarbeit vorantreiben: Eine gemeinsame überregionale Strategie und/oder ein gemeinsamer Projektentwicklungsfonds können einen Entwicklungsrahmen und Anreize für die Ideengenerierung und Zusammenarbeit schaffen.
- Spezifische Herausforderungen und Potenziale des Raums aufzeigen: Für den Perimeter eines funktionalen Raums sind, anders als etwa in Kantonen oder Gemeinden, meist nur wenige oder gar keine Daten oder Studien vorhanden, die für eine Potenzial- oder Problemanalyse herangezogen werden können. Entsprechende Abklärungen bzw. Informationen können Handlungsmöglichkeiten und -bedarf aufzeigen und so gemeinsame Projektentwicklungen fördern.
- Balance zwischen top-down und bottom-up finden: Bei der Zusammenarbeit in funktionalen Räumen sind immer wieder grosse, strategische Projekte gefragt. In der Regel erfordert dies einen gewissen Top-down-Ansatz bei der Projektentwicklung. Dies kann Widerstände auslösen. Für den Erfolg eines Projekts ist es unabdingbar, dass das Vorhaben von den Akteurinnen und Akteuren vor Ort akzeptiert und mitgetragen wird. Die richtige Balance zwischen top-down und bottom-up ist wichtig.
- Gebietsübergreifende Strukturen und Netzwerke für die Projektentwicklung nutzen oder schaffen: Öffentlich-rechtliche und privatwirtschaftliche organisierte Institutionen und Strukturen sind häufig regional, kantonal oder auch national ausgerichtet. Gebietsübergreifende Strukturen, Plattformen oder Netzwerke können bei der Projektentwicklung und -umsetzung in funktionalen Räumen deshalb eine wichtige Rolle übernehmen. Wo solche Strukturen und Austauschgefässe fehlen, können neue geschaffen werden, um die Zusammenarbeit und Kooperationsprojekte voranzutreiben und zu unterstützen.
- Unterschiedlichen Leitlinien mit Flexibilität begegnen: Unterschiedliche Strategien, Regelungen, Vorgaben und Abläufe können Zusammenarbeitsprojekte erschweren. Damit Projekte möglich werden und die Spielräume nicht zu stark eingeschränkt werden, braucht es ausreichend Flexibilität.
- Digitale Kommunikationsmittel nutzen und direkten Kontakt pflegen: Die digitalen Kommunikationsmittel bieten zahlreiche Möglichkeiten, den Austausch über die Distanz zu pflegen. Direkter persönlicher Kontakt bleibt jedoch – insbesondere in der Phase der Projektentwicklung – unabdingbar. Er hilft dabei, sich besser kennen zu lernen und zu verstehen und schafft das notwenige Vertrauen für die gemeinsame Umsetzung des Projekts.
- Ein Handbuch und weitere Informationen für Kooperationsakteure bietet die Website des ESPON-Projekts «ACTAREA».
- Konflikttheorie: Theoretische Grundlagen zur Konfliktprävention, aber auch zum Umgang mit bereits bestehenden Konflikten und Streitigkeiten finden Sie unter: www.agripedia.ch/zusammenarbeit
Förderung der Zusammenarbeit im Rahmen der Neuen Regionalpolitik (NRP)
Um Innovationen, Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu fördern, unterstützten Bund und Kantone mit der NRP unterschiedliche Zusammenarbeitsformen und Kooperationsprojekte – zwischen Regionen und Kantonen, zwischen öffentlichen und privaten Institutionen aber auch zwischen verschiedenen Wirtschaftssektoren, Branchen und Unternehmen. Mehr zur NRP
Förderung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit im Rahmen von Interreg
Bund und Kantone unterstützen die Teilnahme von Schweizer Projektpartnern an grenzüberschreitenden und transnationalen Projekten im Rahmen von Interreg, ESPON und URBACT. Mehr zu Interreg, ESPON und URBACT