regioS 24: Regionale Produkte – eine sehr dynamische Nische
Das regioS 24 widmet sich den Regionalprodukten, die seit einigen Jahren einen eigentlichen Wachstumsschub erleben. Aus den Beiträgen wird offensichtlich, welche Anstrengungen hinter diesem Erfolg stehen. Die Fördergefässe des Bundes haben ebenso ihren Anteil daran wie das Engagement der Produzentinnen und Produzenten in den Regionen und die Detailhändler, die mit ihren eigenen Marken die Regionalprodukte in den Massenmarkt bringen.
«Chömi-Landjäger» aus der Biosphäre Entlebuch, «Furmagin da Cion» aus dem Puschlav, Campiuns Brot aus Bündner Bio-Berggetreide oder das «Huile de Noix vaudoise» – dies sind einige von rund 18 500 zertifizierten Regionalprodukten, die im Schweizer Detailhandel heute zum Verkauf stehen. Während in den Nachbarländern, insbesondere in Frankreich, regionale Produkte schon seit Jahrzehnten gepflegt und vermarktet werden, verhinderte in der Schweiz eine eigentliche landwirtschaftliche Planwirtschaft die Produktediversifikation. Das Käsesortiment begrenzte sich auf ein gutes halbes Dutzend Hart- und Halbhartkäse wie Emmentaler, Tilsiter, Appenzeller oder Sbrinz, handwerklich hergestellte Weichkäse waren praktisch inexistent. Inzwischen sind aber Produkte mit regionaler Herkunftsbezeichnung – nicht nur Spezialitäten – zu einem eigentlichen Renner geworden. Die Verkäufe in diesem Bereich haben zwischen 2015 und 2020 jährlich um 10 Prozent zugenommen, erzielen einen Umsatz von über 2,5 Milliarden Franken und sind gemäss heute der wachstumsstärkste Sektor im Food-Bereich.
Stärkung regionaler Produktions- und Vermarktungsstrukturen
Hinter dieser Entwicklung stehen enorme Anstrengungen, vor allem in den letzten 10 Jahren. Einen wichtigen Grundstein legte die Stiftung ProSpecieRara (PSR), die sich seit 40 Jahren für den Erhalt seltener Nutztierrassen und Pflanzensorten engagiert und ein breites Netzwerk entlang der Wertschöpfungsketten aufgebaut hat, welches die Vermarktung «Pro-Montagna Bio-Gitzifleisch» bis in den Detailhandel vorantreibt. Der Aufbau entsprechender Netzwerke und Vermarktungsstrukturen bildet einen der Schlüsselfaktoren für den Erfolg der Regionalprodukte. So erachtet Peter Stadelmann, Verantwortlicher für die Regionalprodukte in der Biosphäre Entlebuch, den Aufbau der «Markt AG» als wichtigsten Meilenstein der letzten Jahre. Die Organisation ist für die Regionalproduzenten zum entscheidenden Türöffner geworden, um mit den Grossverteilern ins Geschäft zu kommen. Zum Aufbau und zur Weiterentwicklung dieser regionalen Strukturen tragen in erheblichem Masse die verschiedenen Fördergefässe des Bundes bei, zuvorderst jene der Agrarpolitik wie die Projekte zur Regionalen Entwicklung (PRE), jene der Regional- und Tourismuspolitik (NRP, Innotour), oder aber das Parklabel der Pärkepolitik bei.
Durchbruch dank Grossverteilern
Zum entscheidenden Durchbruch verholfen haben aber die Grossverteiler, die diesen Marktbereich für sich entdeckt haben und unter jeweils unterschiedlichen Marktbezeichnungen stetig erweitern; angefangen bei der bei der Migros-Genossenschaft Luzern, die 1999 das regionale Programm «Aus der Region. Für die Region» lancierte, über Volg mit «Feins vom Dorf» (2005), Coop mit «Miini Region» (2014) zur Landi mit «Natürlich vom Hof» (2015), Aldi mit «Saveurs Suisses» (2022) und Lidl Schweiz mit «Typisch». Die verschiedenen Label zeigen, dass sich die Ausrichtung der Programme unterscheiden und die Konkurrenten bestrebt sind, sich abzugrenzen. Daneben gibt es aber auch zahlreiche Netzwerke, die sich für Vernetzung der Produzent:innen im ländlichen Raum mit Detailhändlern sowie Konsument:innen in den urbanen Gebieten einsetzen. Für klare Regeln sorgt der 2015 gegründete Verein Schweizer Regionalprodukte (VSR), der sich auf einheitliche Qualitätsstandards konzentriert und für einen sauberen Vollzug sorgt. So müssen für Produkte, die mit der Kennzeichnung «regio.garantie» zertifiziert sind, unter anderem mindestens zwei Drittel der Wertschöpfung sowie die Produktions- und Verarbeitungsschritte, die die Eigenschaften des Produkts bestimmen, in der jeweiligen Region stattfinden.
«Regional» ist dabei ein attraktiver Begriff, an dem Konsumentinnen und Konsumenten sehr vieles festmachen – von Heimatverbundenheit über Nachhaltigkeit dank Nähe bis zu umweltschonender Produktion. Er bleibt aber auch ein dehnbarer Begriff, der sich allein schon geografisch nicht abschliessend festlegen lässt.
Noch kein Selbstläufer
Trotz allem Erfolg sind die Regionalprodukte kein Selbstläufer. Über alle Vertriebskanäle hinweg beträgt der Marktanteil 5 bis 10 Prozent. Gerade ein wichtiger Bereich, die Gastronomie, bleibt ein hartes Pflaster. Gäste oder auch Veranstalter, die von sich aus nach regionalen Produkten fragen, bleiben in der Minderheit. Ein Potenzial böte auch die Gemeinschaftsgastronomie, die aber bereits vorgerüstete Produkte erwartet und natürlich auch angemessene Liefermengen. Die Akteurinnen und Akteure der Regionalprodukte sind sich ihrer Nischensituation durchaus bewusst und arbeiten mit hoher Professionalität und Intensität daran, die Hindernisse zu bewältigen.
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