Schweizer KMUs: wirtschaftlich erfolgreich und umweltschonend durch Kreislaufwirtschaft
Studie zu Kreislaufwirtschaft-KMUs
Schweizer KMUs stehen vor vielfältigen Herausforderungen: Wichtige Ressourcen sind nur im Ausland verfügbar. Viele Unternehmen haben sich ehrgeizige Klimaziele gesteckt. Zudem weisen die Zeiger im In- und Ausland in Richtung Ressourcenschonung und Abfallreduktion. Kreislaufwirtschaft kann dabei helfen, diesen Herausforderungen zu begegnen. Dank zirkulärer Geschäftsmodelle können Schweizer KMUs mit Ressourcen schonen, Energie sparen und Abfall reduzieren Geld verdienen. Eine neue Studie hat 11 Faktoren identifiziert, die Schweizer KMUs dabei helfen, erfolgreich durch Kreislaufwirtschaft zu sein.
«Wir glauben daran, dass es sich lohnt, ein Zeichen zu setzen gegen übertriebene Konsum- und Wegwerfmentalität», sagt Aurel Greiner von revendo. Er ist einer von 15 erfolgreichen Schweizer Unternehmer/innen, die ihr Know-How in die Studie eingebracht haben. Das KMU revendo repariert gebrauchte Handys und Tablets, aktualisiert die Software und verkauft sie mit Garantie an neue Kund/innen. Dieses Wiederaufbereiten ist ein Geschäftsmodell der Kreislaufwirtschaft, daneben stehen das Teilen, das Wiederverwenden und das Reparieren. Diese Strategien verlängern das Leben von Produkten und sind deswegen besonders ressourcenschonend. Momentan wirtschaften die meisten Schweizer KMUs nach dem linearen Prinzip: Ressourcen entnehmen, Produkte herstellen, verkaufen, nutzen und entsorgen. Nur ein Zehntel der Schweizer Unternehmen setzen bisher massgebend auf Kreislaufwirtschaft.
Besonders umweltschonend: teilen, wiederverwenden und wiederaufbereiten
Dabei spielen KMUs bis 250 Mitarbeitende eine entscheidende Rolle, denn sie machen über 99 % der Unternehmen in der Schweiz aus. Um den KMUs einen Weg in Richtung Kreislaufwirtschaft aufzuzeigen und um sie zu unterstützen, haben BAFU und SECO beim Think- and Do-Tank sanu durabilitas eine Studie in Auftrag gegeben. Das Ziel: herausfinden, welche Faktoren ausschlaggebend dafür sind, dass Schweizer KMU's Kreislaufwirtschaft erfolgreich in ihre Geschäftsmodelle integrieren. Untersucht wurden nicht nur bereits erfolgreiche Kreislaufwirtschaft-KMUs aus der Schweiz, sondern auch der aktuelle Stand internationaler Forschung. Zudem hatten fünf Expertinnen und Experten die Möglichkeit, ihr Wissen einzubringen.
Es ist die erste Studie, die spezifisch Schweizer Kreislaufwirtschaft-KMUs untersucht hat. Ausserdem stehen erstmalig die besonders ressourcenschonenden Geschäftsmodelle der Kreislaufwirtschaft im Zentrum: Teilen, Wiederverwenden und Wiederaufbereiten.
ein Gastbeitrag von sanu durabilitas, Autorin: Heidi Schmidt
11 Erfolgsgeheimnisse
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N°1: zusätzlichen Nutzen kommunizieren – den Mehrwert des zirkulären Produktes oder der Dienstleistung gegenüber der linearen Produktion aufzeigen, um sich von Wettbewerbern abzuheben und Kundschaft sowie Partner und Partnerinnen zu gewinnen.
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N°2: Öko-Nische verlassen – ein gewohntes Konsumerlebnis gestalten, damit die Kundschaft wenig Anpassungsaufwand hat und somit Kundenkreise über die umweltbewusste Nische hinaus gewonnen werden können.
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N°3: bequemes Angebot präsentieren – zeigen, dass Ressourcenschonen nicht anstrengend ist, denn Produkte und Dienstleistungen können so gestaltet sein, dass sie einfach zu nutzen sind.
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N°4: sanft Gewohnheiten ändern – Anreize und Angebote schaffen, die neue, nachhaltigere Konsumgewohnheiten fördern, um den Kunden und Kundinnen den Umstieg zu erleichtern.
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N°5: physisch präsent sein – eine zentrale Verkaufsstelle bieten, um Vertrauen zu stärken und die Sichtbarkeit von Kreislaufwirtschaft-Geschäftsmodellen zu erhöhen.
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N°6: mutig Neues lernen – Unternehmenskultur fördern, die Innovation und das Erlernen neuer Fähigkeiten unterstützt.
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N°7: finanziellen Spielraum schaffen – Strategien zur finanziellen Absicherung entwickeln, um das ökonomische Risiko zu reduzieren und Innovationen vorantreiben zu können.
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N°8: klare Vision verfolgen – eine klare Richtung definieren, die als Grundlage für Entscheide und Strategien dient
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N°9: B2B-Markt nicht vergessen – Potenziale im Business-to-Business-Segment erkennen, um von Skaleneffekten und Transparenz zu profitieren.
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N°10: branchenweit und -übergreifend zusammenarbeiten – Kooperationen in der ganzen Branche, über sie hinaus und entlang der ganzen Wertschöpfungskette initiieren und pflegen, um Synergien zu schaffen und gemeinsame Herausforderungen zu bewältigen.
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N°11: Rahmenbedingungen aktiv mitgestalten – sich politisch und gesellschaftlich engagieren, um Gesetze, Normen, Prozesse und Wissen in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft zu verbessern.
Hürden
Verschiedene Studien zeigen, dass das Potenzial der Kreislaufwirtschaft in der Schweiz trotz der klaren ökonomischen, ökologischen und sozialen Vorteile nicht ausgeschöpft wird. Grund dafür sind zahlreiche Hürden, die sich KMUs in den Weg stellen, wenn sie auf zirkuläre Geschäftsmodelle setzen möchten:
- Mangelndes Bewusstsein und Wissen bei Partnern und Kundschaft, was Kreislaufwirtschaft ist
- Etablierte Prozesse und Strukturen verändern
- Psychologischer und zeitlicher Umstellungsaufwand der Kundschaft
- Schwierigkeit, Wertversprechen im aktuellen Kontext zu formulieren
- Fehlende Zeit und Finanzierung für technologische Innovationen und Unternehmensentwicklung
- Zu wenig ausgereifte neue Technologien bzw. zu schwierige, technische Umsetzung
- Fehlendes Fachwissen für die Umsetzung und qualifiziertes Personal
- Ökonomisches Risiko aufgrund der hohen Investitionskosten und unsichere Zahlungsbereitschaft der Kundschaft
- Unvorteilhafte Gesetze und Normen sowie fehlende staatliche Förderinstrumente
Die identifizierten Erfolgsfaktoren sowie die Handlungsempfehlungen für Verbände und die öffentliche Hand helfen dabei, genau diese Hürden zu überwinden. In der EU gehen einige der Mitgliedstaaten stark voran, diese Hürden abzubauen. Um die Wettbewerbschancen für Schweizer Kreislaufwirtschaft-KMUs nicht zu verschlechtern, gilt es, auch die Rahmenbedingungen in der Schweiz zu verbessern.
Öffentliche Hand / Verbände / Organisationen
Auch wenn Schweizer KMUs zentral sind für die Weiterentwicklung zirkulärer Geschäftsmodelle; sie können es nicht allein schaffen, die Schweiz fit für mehr Kreislaufwirtschaft zu machen. Deswegen wurden in der Studie von sanu durabilitas auch Empfehlungen zur Förderung kreislaufwirtschaftsbasierter Geschäftsmodelle erarbeitet. Sie reichen von ökonomischen Anreizen über Informationsinstrumenten bis hin zu regulativen Elementen.
Download POLICY BRIEF: Empfehlungen zur Förderung kreislaufwirtschaftsbasierter Geschäft
Informationen zur Studie
Welche KMUs in der Schweiz setzen erfolgreich Geschäftsmodelle der Kreislaufwirtschaft um? Was hat dabei geholfen, Hürden zu überwinden und zu skalieren? Was können andere KMUs von ihnen lernen? Darum geht es in einer neuen Studie zur Diffusion von Kreislaufwirtschaft.
Der Think- and Do-Tank sanu durabilitas hat im Auftrag des BAFU und SECO wissenschaftliche Literatur ausgewertet, erfolgreiche Schweizer Kreislaufwirtschaft-KMUs interviewt und Experten und Expertinnen befragt. Das Ergebnis: «Kreislaufwirtschaft für KMUs: 11 Erfolgsgeheimnisse».
In der Zusammenfassung der Studie erfahren KMUs, welche Strategien dabei helfen, ein Unternehmen erfolgreich in Richtung Kreislaufwirtschaft weiterzuentwickeln, und wie sie bestehende Hürden überwinden können.
Methodik
Die für die Studie ausgewählten Schweizer KMUs stammen aus Sektoren, die sowohl umweltrelevant sind wie auch vor einer Diffusionsherausforderung stehen (vgl. Studie von Stucki und Wörter 2022: Statusbericht der Schweizer Kreislaufwirtschaft): Bau/Wohnen, Nahrungsmittel, Mobilität, Textilien und Elektronik. Alle KMUs setzen auf die besonders ressourcenschonenden, zirkulären Geschäftsmodelle Teilen, Wiederaufbereiten und Wiederverwenden:
- revendo
- FREITAG
- Burri
- Rework
- reCIRCLE
- sumami
- RUSS
- Loopia
- 2nd Peak
- Rent a Bike
- loopi
- Codha
- Sharley
- OiOiOi
- Elite
Aufbauend auf der Analyse wissenschaftlicher Literatur wurden die Erkenntnisse zu Hürden und Erfolgsfaktoren beim Umsetzen von zirkulären Geschäftsmodellen im Austausch mit den KMUs weiterentwickelt. Die Resultate bestätigen, dass die befragten Schweizer Kreislaufwirtschaf-KMUs ähnlichen Hürden begegnen, wie bereits in der internationalen Forschung identifiziert. Auch die daraus entwickelten Erfolgsfaktoren weichen nicht grundsätzlich von den wissenschaftlichen Empfehlungen ab. Dank der Befragung konnten allerdings spezifische Aspekte herausgearbeitet werden, welche für die Praxis Schweizer KMUs lehrreich sein können.
Nebst der Literaturanalyse stützt sich die Studie auf die Methode der Fokusgruppe für die Datenerhebung sowie die qualitative Datenanalyse. Die Unternehmen wurden zu einer der Fokusgruppen eingeladen, welche nach Geschäftsmodellen organisiert waren. Zur Validierung und Kontextualisierung der Resultate, wurden fünf externe KLW-Experten und Expertinnen befragt:
- Dr. Harald Desing (Empa)
- Stéphanie Estoppey (Studiocolony productdesing)
- Dr. Rahel Meili (Berner Fachhochschule)
- Dr. Fabian Takacs (Universität St. Gallen)
- Dr. Maja Wiprächtiger (realcycle Gmbh)