Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete
Die ländlichen Räume und Berggebiete erbringen wichtige Leistungen für das ganze Land. Sie sind Lebens- und Wohnraum der Bevölkerung, erfüllen aber auch wichtige Funktionen als Wirtschafts-, Erholungs- und Identifikationsraum sowie als Raum mit hohen Natur- und Landschaftswerten. Für die nachhaltige Entwicklung der Schweiz spielen ländliche Räume und Berggebiete eine zentrale Rolle. Globalisierung, gesellschaftlicher Wandel, steigernder Ressourcenverbrauch und Umweltveränderungen bringen jedoch vielfältige Dynamiken und Herausforderungen mit sich. Durch die topografischen Gegebenheiten, die teilweise schlechte Erreichbarkeit und die geringe Dichte an Bevölkerung und Unternehmen sind die ländlichen Räume und Berggebiete bei der wirtschaftlichen Entwicklung zudem mit strukturellen Nachteilen konfrontiert.
Über die Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete (P-LRB) bietet der Bund Unterstützung bei der Bewältigung dieser vielfältigen Herausforderungen. Als Querschnittpolitik trägt die Politik gemeinsam mit der Agglomerationspolitik (AggloPol) auch zur Koordination weiterer raumwirksamer Sektoralpolitiken und zu einer kohärenten Raumentwicklung in der Schweiz bei.
Vision
Mit der P-LRB skizziert der Bund eine Vision für die ländlichen Räume und Berggebiete, die auf verschiedenen Elementen beruht:
- Die vielfältigen ländlichen Räume und Berggebiete leisten mit ihren spezifischen Potenzialen und in Zusammenarbeit mit den Agglomerationen einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Schweiz.
- Die ländlichen Räume und Berggebiete bieten Entwicklungsperspektiven als Wohn- und Arbeitsstandorte und sichern die Qualität von Natur und Landschaft sowie von Erholungsgebieten.
- Innovative und unternehmerische Akteurinnen und Akteure entwickeln auf lokaler und regionaler Ebene zukunftsorientierte Antworten auf die wirtschaftlichen, sozialen und umweltbezogenen Herausforderungen.
- Gemeinsam mit den urbanen Räumen prägen die ländlichen Räume und Berggebiete die Identität, das Image und damit die Entwicklung der Schweiz.
Ziele
Basierend auf der Vision sind vier langfristige Ziele festgelegt:
- Ziel 1: Attraktives Lebensumfeld schaffen
Durch den sorgfältigen Umgang mit ihrem Raum fördern die Akteurinnen und Akteure in den ländlichen Räumen und Berggebieten die Siedlungsqualität, werten die Landschaft auf und stärken die regionale Vielfalt an Landschaften, Wirtschaftsstrukturen usw. - Ziel 2: Natürliche Ressourcen sichern und in Wert setzen
Die natürlichen Ressourcen werden langfristig gesichert und über geeignete Mechanismen so verwertet, dass Wertschöpfung vermehrt vor Ort und bei lokalen Leistungserbringern stattfindet. - Ziel 3: Wettbewerbsfähigkeit stärken
Die ländlichen Räume und Berggebiete stärken ihre wirtschaftlichen Aktivitäten und entwickeln diese entsprechend ihrer regionalen Potenziale weiter, damit attraktive Arbeitsplätze in zukunftsorientierten Branchen entstehen. - Ziel 4: Kulturelle Vielfalt gestalten
Die kulturelle Vielfalt wird als wichtiges Element der Attraktivität des Raumes für Wohnen, Freizeit und Tourismus aktiv entwickelt. Kulturelle Vielfalt beinhaltet auch eine aktive Einbindung der unterschiedlichen Akteurinnen und Akteure vor Ort.
Handlungsansätze
Orientierung für die Umsetzung liefern fünf strategische Handlungsansätze, die auf den langfristigen Zielen aufbauen:
- Partnerschaftliche sowie grenz- und sektorenübergreifende Zusammenarbeit stärken
- Horizontale Governance (verbesserte Koordination zwischen den Sektoralpolitiken) und vertikale Governance (Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden) stärken
- Nutzungsschwerpunkte setzen und Zentren stärken
- Instrumente, Massnahmen und Projekte aufeinander abstimmen
- Lokale Initiativen stärken
Massnahmen zur Umsetzung der Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete (P-LRB)
Verschiedene Sektoralpolitiken tragen mit einer Vielzahl bewährter Massnahmen zur nachhaltigen Entwicklung der ländlichen Räume und Berggebiete bei. Dazu zählen die Landwirtschafts-, Verkehrs-, Regional- und Tourismuspolitik oder die Pärkepolitik zur Förderung regionaler Naturpärke. Mit der Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete (P-LRB) gibt der Bund für diese Sektoralpolitiken einen übergeordneten strategischen Ziel- und Handlungsrahmen vor. Damit soll die Wirkung und Koordination der Sektoralpolitiken in den ländlichen Räumen und in den Berggebieten verbessert werden.
Zur Umsetzung der P-LRB fördert der Bund zudem verschiedene Massnahmen. Einige davon sind spezifisch auf die ländlichen Räume und Berggebiete ausgerichtet. Andere betreffen auch die städtischen Räume und sind gemeinsame Massnahmen der P-LRB und der Agglomerationspolitik des Bundes (AggloPol). Da viele Agglomerationen im ländlichen Raum und einige auch im Berggebiet liegen, tragen auch weitere Massnahmen der AggloPol zur Entwicklung der ländlichen Räume und Berggebiete bei.
Gefragt und gefordert bei der Umsetzung sind ‒ je nach Massnahme ‒ sowohl Akteurinnen und Akteure auf Ebene von Bund, Kantonen, Regionen, Städten und Gemeinden, aber auch Trägerschaften in funktionalen Räumen. Gemeinsam und in Zusammenarbeit mit Privaten tragen sie zur Entwicklung der ländlichen Räume und Berggebiete und zu einer kohärenten Raumentwicklung in der Schweiz bei.
Spezifische Massnahmen der P-LRB
Seitens Bund wurde und wird zurzeit geprüft, wie die Erarbeitung regionaler Entwicklungsstrategien und die Strategiefähigkeit der regionalen Akteurinnen und Akture noch besser unterstützt und optimiert werden kann. Die gesammelten Erkenntnisse und Erfahrungen sollen dazu beitragen, bestehende Instrumente und Massnahmen weiterzuentwickeln. Modellhafte Erfahrungen und Erkenntnisse hervorbringen, sollen auch die fünf Projekte im Themenschwerpunkt «Integrale Entwicklungsstrategien fördern», die im Rahmen der Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung 2020‒2024 umgesetzt werden.
- Mit konkreten Projekten, die im Rahmen der bestehenden NRP-Kriterien nicht mitfinanziert werden könnten, in peripheren Berggebieten wirtschaftliche Entwicklungsimpulse für die Zukunft setzen.
- Private und öffentliche Akteurinnen und Akteure mobilisieren und dabei unterstützen, in den Berggebieten zukunftsorientierte Chancen zu nutzen, die den Einwohnerinnen und Einwohnern langfristige Perspektiven eröffnen. Dabei können und sollen gezielt auch Akteurinnen und Akteure mobilisiert werden, die bisher nicht mit der NRP in Verbindung standen.
- Die Wirkung dieser Massnahmen testen und Erfahrungen sammeln, um die NRP so weiter zu entwickeln, dass sie noch besser auf die besonderen Herausforderungen der Berggebiete eingehen kann.
Gemeinsame Massnahmen der P-LRB und der Agglomerationspolitik (AggloPol)
Mit dem Programm «Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung» unterstützen acht Bundesämter (ARE, ASTRA, BAFU, BAG, BASPO, BLW, BWO, SECO) lokale, regionale und kantonale Akteurinnen und Akteure dabei, vor Ort innovative sektorübergreifende Ansätze und Lösungen zur nachhaltigen Raumentwicklung zu erproben. Die Ausschreibung für Projekteingaben findet jeweils vor dem Start der mehrjährigen Programmphasen statt. In der aktuellen Programmphase 2020–2024 werden Modellvorhaben zu folgenden fünf Themen unterstützt: «Digitalisierung für die Grundversorgung nutzen», «integrale Entwicklungsstrategien fördern», «Landschaft ist mehr Wert», «Siedlungen, die kurze Wege, Bewegung und Begegnung fördern« und «demografischer Wandel: Wohn- und Lebensraum für morgen gestalten». Die bei der Umsetzung gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse sollen unter anderem dazu beitragen, die Politiken, Instrumente und Massnahmen weiterzuentwickeln, die auf eine kohärente Raumentwicklung hinwirken.
Mehr Informationen unter www.modellvorhaben.ch. Dort sind auch die Projekterfahrungen und Erkenntnissen aus den früheren Programmphasen publiziert
Mit dem Impulsprogramm finanziert der Bund 2016-2020 verschiedene Informations-, Beratungs- und Weiterbildungsangebote von EspaceSuisse zur Unterstützung der Gemeinden und Städte beim Vollzug des Raumplanungsgesetzes.
2016 lancierte der Bund das «Pilotprogramm Handlungsräume Wirtschaft (PHR Wirtschaft)». Das Programm verfolgte zwei Ziele: Einerseits sollten gute wirtschaftsorientierte Projekte an der Schnittstelle zu anderen Sektoralpolitiken umgesetzt werden. Andererseits ging es darum, Erkenntnisse zu sammeln, welche Bedeutung die im Raumkonzept Schweiz skizzierten Handlungsräume für die Regionalwirtschaft haben. Insgesamt wurden zwischen 2017‒2019 sechs PHR-Wirtschaft-Projekte in verschiedenen Handlungsräumen unterstützt. Die Umsetzung des Programms erfolgte im Rahmen der Ausrichtung 2 der Neuen Regionalpolitik (NRP) und wurde vom Bund mit gut 2 Millionen Franken unterstützt. Seitens Bund lag die Federführung beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO). Die Bundesämter für Raumentwicklung (ARE) und Landwirtschaft (BLW) waren eng in die Arbeiten eingebunden.
Regionale Innovationssysteme (RIS) sind funktionale – in der Regel überkantonale und teilweise Landesgrenzen überschreitende – Wirtschaftsräume, in denen die für Innovationsprozesse wesentlichen Akteure (Unternehmen, Bildungs-/Forschungseinrichtungen und öffentliche Hand) in Netzwerken zusammenarbeiten. Der Austausch zwischen diesen Akteurinnen und Akteuren bildet einen wichtigen Nährboden für Innovationen und die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Um diesen Austausch anzutreiben und die Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der KMU zu stärken, wird im Rahmen der Neue Regionalpolitik (NRP) der Wissens- und Technologietransfer (WTT) sowie die Vernetzung in «Regionalen Innovationssystemen (RIS)» unterstützt. Diese Förderung trägt auf vielfältige Weise zu den Zielen der AggloPol und der P-LRB bei und bewirkt, dass auch peripherere Regionen vermehrt von der Dynamik der Zentren profitieren können.
Die räumliche Entwicklung macht vor Landesgrenzen nicht halt. Zur Umsetzung der AggloPol und der P-LRB tragen auch Instrumente der Kohäsionspolitik der Europäischen Union bei, an deren Umsetzung sich die Schweiz beteiligt. Dazu zählen insbesondere die Interreg-Programme, URBACT und ESPON sowie die Makoregionale Strategie für den Alpenraum (EUSALP). Der Bund unterstützt die Teilnahme der Schweiz und von Schweizer Projektpartnern an diesen Programmen über die Neue Regionalpolitik (NRP). Spezifisch auf die Bedürfnisse der städtischen Räume zugeschnitten ist das Programm URBACT.
www.espacesuisse.ch
www.parcs.swiss
www.agridea.ch
Weitere Informationen und Publikationen