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regioS 22: Kreislaufwirtschaft – Schlüssel für nachhaltiges Wirtschaften in den Regionen

Hinsichtlich des Ressourcenverbrauchs belegt die Schweiz einen unrühmlichen weltweiten Spitzenplatz. Das Konzept der Kreislaufwirtschaft weist einen Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft, verlangt aber in mancher Hinsicht ein grundsätzliches Umdenken. Für die Regionen eröffnen sich dabei mancherlei Chancen, sind sie doch dank Qualitäten wie Kleinräumigkeit, Überschaubarkeit und Nähe für die Initiierung von Kreislaufprozessen prädestiniert. Mit verschiedenen Angeboten unterstützt regiosuisse den notwendigen Wissensaufbau.

Vermeiden, vermindern, umweltgerecht entsorgen – so lautete das Motto der Abfallpolitik in den 1990er-Jahren, die mittels einer breiten Kampagne unters Volk gebracht wurde. Inzwischen stehen die meisten Zahnpastatuben wie andere Produkte wieder mit Verpackung in den Verkaufsregalen. Die Plakate, auf denen Prominente aus Politik, Medien und Sport für die Vermeidung von Abfall warben, hängen längst im Museum. Geblieben ist eine hohe Recyclingquote von 53 Prozent bei den Siedlungsabfällen. Sie hat sich nach dem Anstieg in den 1990er-Jahren allerdings kaum mehr nach oben bewegt. Ganz im Gegensatz zum Volumen der Siedlungsabfälle, das in den letzten zwei Jahrzehnten gesamthaft um einen Fünftel, pro Kopf der Bevölkerung um einen Sechstel zugenommen hat. Jede Schweizerin, jeder Schweizer produziert jährlich 2,7 Tonnen Abfall, davon mehr als 700 Kilogramm Siedlungsabfall. Damit nimmt die Schweiz im globalen Vergleich eine unrühmliche Spitzenposition ein.

Das Abfallaufkommen ist nur ein Indiz für die hohe Ressourcennutzung der Schweizerinnen und Schweizer. Umfassender zeigt dies der ökologische Fussabdruck. Dieser nimmt pro Kopf der Bevölkerung seit Mitte der Nullerjahre zwar kontinuierlich ab, jedoch von einem sehr hohen Niveau. Noch immer konsumieren Schweizerinnen und Schweizer 2,8-mal mehr Umweltleistungen und -ressourcen als global verträglich. Zusammen mit den Nachbarländern belegt die Schweiz damit nach den USA, Australien und Russland einen der weltweiten Spitzenplätze im Ressourcenverbrauch. Fast drei Viertel des Fussabdrucks sind auf die CO2-Emissionen zurückzuführen.

Enorme Herausforderungen

Der Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft macht es unerlässlich, die Art und Weise zu überdenken, wie wir mit Ressourcen umgehen. Einen Ansatz bietet die Kreislaufwirtschaft, die auf einem System aus erneuerbaren Energien und geschlossenen Materialkreisläufen basiert. Alle bedenklichen Stoffe, die die Umwelt belasten und die Gesundheit gefährden, sollten durch unbedenkliche ersetzt werden. Der hohe Anteil der CO2-Emissionen am ökologischen Fussabdruck macht deutlich, dass der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern eine grundlegende Voraussetzung bildet für eine künftige Kreislaufwirtschaft. Mit der Energiewende ist die Schweiz diesbezüglich auf Kurs, die Rück- beziehungsweise die Überführung sämtlicher Materialflüsse in einen Kreislauf bildet hingegen eine enorme Herausforderung.

Im Bereich der Produktion sind vor allem die Unternehmen gefordert. Verschiedene Pioniere haben mit Produkten wie Stühlen, Turnschuhen oder Teppichböden bereits gezeigt, dass kreislauffähige Geschäftsmodelle wirtschaftlich erfolgreich sein können. In der Industrie ist es heute Standard, Metalle zu rezyklieren. Rund 1,6 Millionen Tonnen Eisen- und Stahlschrott werden so in der Schweiz jährlich zu Bau- und Edelstahl aufbereitet. Ausserdem gelangen 3,2 Millionen Tonnen separat gesammelter Siedlungsabfälle wieder in den Kreislauf. Im Hoch- und Tiefbau werden knapp 12 Millionen Tonnen oder zwei Drittel der Rückbaumaterialien wie Beton, Kies, Sand, Asphalt und Mauerwerk wiederverwertet. Weitere fünf Millionen Tonnen Rückbaumaterialien sowie 2,8 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle sind hingegen (noch) nicht im Kreislauf. Im Bereich der Land- und Ernährungswirtschaft gehen entlang der Wertschöpfungskette 2,6 Millionen Tonnen Lebensmittel verloren.

Mit Regulierungen hin zur Kreislaufwirtschaft

Bis zu 80 Prozent der späteren Umweltbelastung eines Produktes werden – vor allem bei komplexen Konsumgütern wie Waschmaschinen, Computer oder Autos – in der Design-Phase vorbestimmt. Unter anderem auf diesen Aspekte fokussiert etwa die EU-Ökodesign- und Abfallrahmenrichtlinien. Sie verlangen die Förderung nachhaltiger Produktions- und Konsummodelle, insbesondere eine Gestaltung, die auf Langlebigkeit ausgerichtet ist, sowie die Reparierbarkeit von Elektrogeräten, Massnahmen gegen Lebensmittelverschwendung und Informationskampagnen in der Bevölkerung.

Der Bundesrat im März dieses Jahres eine Standortbestimmung zur Kreislaufwirtschaft in der Schweiz vorgenommen. Relevante Potenziale für die Kreislaufwirtschaft gibt es demnach vor allem in den Bereichen «Bauen und Wohnen», «Land- und Ernährungswirtschaft», «Mobilität», «Maschinenbau» sowie «chemische Industrie». Darin ist eine ganze Reihe von Vorschriften und Normen identifiziert, die eine Kreislaufwirtschaft noch behindern. Allerdings ist es vor allem die mangelnde Kohärenz verschiedener rechtlicher Grundlagen, die Innovationen hemmt. Wie sich diese Hürden beseitigen lassen, wird abgeklärt.

Chancen für die Regionen

Die Regionen spielen bei der Förderung der Kreislaufwirtschaft eine wichtige Rolle. Sie sind dank ihrer Eigenschaften und Qualitäten wie Kleinräumigkeit, Überschaubarkeit und Nähe für die Initiierung von Kreislaufprozessen grundsätzlich prädestiniert. Die interdisziplinäre und überbetriebliche Zusammenarbeit in Netzwerken, wie sie die NRP seit Anbeginn praktiziert, ist in der Kreislaufwirtschaft besonders gefragt. Chancen eröffnen sich den Regionen mit der Kreislaufwirtschaft, wenn sie auf Themen und Bereiche fokussieren, die ohnehin bereits regional und weniger global strukturiert sind: Land- und Forstwirtschaft, Lebensmittelproduktion, Holzverarbeitung, erneuerbare Energien, Infrastrukturen, regionale Dienstleistungen und damit auch der Tourismus. Um das brachliegende, regionale Potenzial zu nutzen, bedarf es nebst finanzieller Anreize der Bildungs- und Wissensvermittlung. regiosuisse fördert deshalb gezielt den Wissensaufbau. Im Rahmen der regiosuisse-Wissensgemeinschaft «Kreislaufwirtschaft und Regionalentwicklung» wurde eine Praxistoolbox mitsamt inspirierenden Beispielen aufgebaut. Zudem startet das RegioLab Kreislaufwirtschaft, das Regionen anregen will, potenzielle Projekte zu initiieren.

Mehr zum Thema «Kreislaufwirtschaft» finden Sie in der aktuellen Ausgabe von «regioS». 

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