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Regionale Strategien und Konzepte – Chancen für eine nachhaltige Entwicklung

Bund und Kantone bieten eine grosse Zahl von Instrumenten, die die regionale Entwicklung unterstützen oder steuern – sei es die Wirtschaft- oder die Raum- und Landschaftsentwicklung. Letztlich sind es aber die regionalen und lokalen Akteurinnen und Akteure – Privatpersonen, Unternehmen, Gemeinden –, die diese Instrumente nutzen, einsetzen und die regionale Entwicklung vorantreiben. Regionale Strategien und Konzepte helfen ihnen dabei, die Vielfalt an Herausforderungen zu bündeln und die Instrumente gezielt einzusetzen. Die neueste Ausgabe des Magazins «regioS» geht den Möglichkeiten und Erfahrungen mit regionalen Strategien und Konzepten nach. Nachfolgend skizziert Urs Steiger, Redaktor von «regioS», deren Chancen für eine nachhaltige regionale Entwicklung.

Aus der Vielzahl an politischen Instrumenten, die die regionale Entwicklung unterstützen oder steuern, ergibt sich ohne weiteres Zutun nicht zwingend ein sinnvolles, nachhaltiges Ganzes. Für eine nachhaltige und kohärente Umsetzung ist vielmehr eine Koordination der Akteurinnen und Akteure, aber auch des Einsatzes der Instrumente und der finanziellen Ressourcen erforderlich. Nur dies erlaubt, Synergien zu nutzen und Zielkonflikte zu vermeiden oder sie zumindest zu minimieren. Verschiedene Sektoralpolitiken – etwa die Regional- oder die Landwirtschaftspolitik – aber auch die Raumplanung fördern den Einsatz spezifischer Koordinationsinstrumente, etwa die regionalen Entwicklungsstrategien in der Regionalpolitik oder die Agglomerationsprogramme in der Raumplanung. Die Landwirtschaft bietet die Landschaftsqualitätsprojekte, die Landwirtschaftliche Planung oder die Projekte regionaler Entwicklung als Instrumente mit koordinierendem Charakter an. Die Pärkepolitik regt dazu an, die verschiedenen regionalen Herausforderungen im Hinblick auf die Schaffung eines Parks zu bündeln. 

Instrumente orchestrieren 

Die Gemeindeautonomie ist einer der hehren Grundsätze der Schweiz. Begreift man diese nicht nur zur Abgrenzung, sondern auch als Auftrag zur aktiven, eigenverantwortlichen Gestaltung des Lebensraums, bietet die Vielzahl der politischen Instrumente eine grosse Chance. Wie eine Klaviatur lassen sie sich einsetzen, um die Vorstellungen einer nachhaltigen Gestaltung der Gemeinde oder Region zu verwirklichen. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Akteurinnen und Akteure über eine Partitur verfügen. Dazu müssen sie sich auf eine gemeinsame Melodie – eine gemeinsame Vorstellung der Entwicklung einigen, auf die sich allfällige Massnahmen ausrichten lassen. Die tonangebende Politik kann sich dabei von Region zu Region unterscheiden, mancherorts steht die Landwirtschaft im Zentrum, andernorts der Tourismus, die Siedlungsentwicklung oder aussergewöhnliche Natur- und Kulturwerte. Sie geben das Leitmotiv vor, das im Dialog mit den anderen Instrumenten abgestimmt wird. Im Binntal hat beispielsweise die Strategie für den regionalen Naturpark vieles vorgedacht, was anschliessend nicht nur über die Parkpolitik, sondern etwa auch über das entsprechende Landschaftsqualitätsprojekt oder im Modellvorhaben «Baukultur und Landschaftsschutz im Binntal» weiterentwickelt und realisiert wurde. 

Strategien bringen Mehrwert

In der Praxis zeigt sich, dass sich das Vorgehen bei der Strategieentwicklung der verschiedenen Sektoralpolitiken nur wenig unterscheidet und wie etwa im Binntal ein Bereich von der Strategie eines anderen profitieren kann. Entsprechend ist es nicht zwingend, für jeden Politikbereich eine eigene Strategie auszuarbeiten. Dies ist effizient und spart personelle und finanzielle Ressourcen. Umso wichtiger ist es, die Strategie offen zu gestalten und sie für die verschiedenen Politikbereiche – von der Wirtschaftsförderung bis zum Naturschutz – anschlussfähig zu gestalten. Die grosse Herausforderung besteht darin, die regionalen Akteurinnen und Akteure in einem regionalen Verhandlungsprozess für gemeinsame und konsensual akzeptierte Leitideen und Ziele zu gewinnen. Je nach formeller und informeller Struktur einer Region erweist sich diese Phase als mehr oder weniger anspruchsvoll. In manchen Regionen ist dies heute schon Routine, andernorts müssen sich die öffentlichen und privaten Akteurinnen und Akteure erst noch zusammenraufen und die Einsicht gewinnen, dass sich dank strategisch ausgerichteten Verhandlungslösungen die Realisation von Projekten und deren umsichtige Einbettung in das räumliche und soziale Umfeld einer Region einfacher erreichen lässt als über singulär vorangebrachte Einzelprojekte, die das grosse Risiko in sich bergen, an der Urne oder vor Gericht zu scheitern. Hinzu kommt, dass Bewilligungsentscheide oder Entscheide für Förderungsbeiträge von Projekten zunehmend auf der Grundlage von regionalen Strategien – in welcher Form auch immer, abgestellt werden. Ein touristisches Gesamtkonzept (TGK) kann beispielsweise Grundlage dafür sein, dass sich Bund, Kantone und Gemeinden an der Finanzierung der Infrastrukturen und Anlagen beteiligen (vgl. regioS 16) .

Die Erarbeitung und Pflege einer regionalen Strategie ist schliesslich auch ein kommunikativer Prozess, der die Gemeinschaft und die Identität einer Region zu stärken vermag. Wie verschiedene Beispiele zeigen, lohnt es sich dabei, die Essenz der Strategie kurz zu fassen und in eine sehr verständliche Form zu giessen, die von allen verstanden wird und so mithilft, dass alle im Einklang mit ihren Projekten und Ideen zur Umsetzung der Strategie beitragen. 

 

 

Weitere Informationen zum Thema «Regionale Entwicklungsstrategien»:

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