Der Tourismus als zentraler Wirtschaftszweig in den Berggebieten
- Der Tourismus trägt rund 3% zum Schweizer BIP bei und stellt damit eine wichtige Branche für die Schweiz dar. Dies gilt insbesondere für die Berggebiete, wo fast 20% der Wertschöpfung aus dem Tourismus stammt.
- Auch bezüglich der Arbeitsplätze ist der Tourismus in den ländlichen Räumen und vor allem in den Berggebieten ein zentraler Wirtschaftszweig.
- Die touristische Nachfrage weist regional unterschiedliche Eigenschaften auf. So schwanken die Logiernachtzahlen in den ländlichen Gebieten je nach Saison deutlich stärker als in den Städten. In den Städten ist hingegen der Anteil ausländischer Gäste deutlich höher.
- Megatrends wie die Digitalisierung oder der Klimawandel beeinflussen sowohl das touristische Angebot wie auch die Nachfrage.
Bedeutung des Tourismus in der Schweiz
Der Tourismus trägt rund 3 Prozent zum Schweizer BIP bei und ist somit ein nicht zu vernachlässigender Wirtschaftszweig. Doch die «Tourismusbranche» an sich gibt es gar nicht. Ob der Bezug eines Produkts oder einer Dienstleistung touristisch ist, hängt davon ab, wer dafür bezahlt. Nur wenn eine auswärtige Person bezahlt, ist eine Transaktion als touristisch einzustufen. Somit kann dieselbe Leistung, z.B. ein Essen in einem Restaurant, entweder touristisch oder auch nicht touristisch sein, je nachdem, wer die Leistung bezieht. Aus diesem Grund misst das Bundesamt für Statistik die touristische Wertschöpfung nicht im Rahmen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, sondern innerhalb eines separaten «Satellitenkonto Tourismus». Dieses zeigt, welche touristischen Produkte welchen Anteil an der gesamten touristischen Nachfrage ausmachen. Nach der Beherbergung weisen der Passagierverkehr und tourismusverwandte Produkte die grössten Anteile auf. Gemeinsam machen diese drei Produkte mehr als die Hälfte der Wertschöpfung im Tourismus aus.
Der Anteil des Tourismus an der gesamten Bruttowertschöpfung lag im Zeitraum 2001 bis 2019 ziemlich konstant bei den erwähnten 3%. Im Jahr 2020 lag dieser Wert im Zuge der COVID-Krise mit rund 2% erstmals deutlich tiefer. Die Entwicklung der touristischen Bruttowertschöpfung im Vergleich zur gesamten volkswirtschaftlichen Bruttowertschöpfung zeigt, dass die Krise die Tourismusbranche überdurchschnittlich hart getroffen hat. Entsprechend sind grosse Teile der ausbezahlten Härtefallgelder in tourismusnahe Branchen wie z.B. die Gastronomie geflossen.
Exkurs: Tourismuspolitik in der Schweiz
In der Schweiz wird der Tourismus durch die Politik direkt wie auch indirekt gefördert. Die direkte Förderung besteht im Wesentlichen aus drei Standbeinen:
- Direkte Finanzierung der Vermarktungsorganisation Schweiz Tourismus durch den Bund
- Förderung innovativer Angebote im Tourismus durch Innotour
- Attraktive Kreditvergabe für Hotels durch die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredite
Die indirekte Förderung entsteht über weitere Politikbereiche, die den Tourismus massgeblich tangieren. Beispiele hierfür sind:
- Die Konjunktur- und Währungspolitik
- Die Verkehrs-, Energie- und Umweltpolitik
- Die Regional- und Raumplanungspolitik
Insbesondere in der Regional- und Raumplanungspolitik gibt es mit der Neuen Regionalpolitik (NRP) ein Instrument, welches auch aktiv touristische Projekte im ländlichen Raum fördert und so dessen Wettbewerbsfähigkeit stärken will.
Eine Vision mit konkreten Zielen für die Schweiz hält der Bund zudem in seiner Tourismusstrategie fest.
Hoher Wertschöpfungsanteil des Tourismus im Alpenraum
Gemäss Raumtypologie des BFS gelten vor allem Gemeinden in den Berggebieten als «touristische Gemeinden». Mehr als die Hälfte dieser Gemeinden befindet sich in den drei Kantonen Uri, Wallis und Graubünden. Es überrascht daher nicht, dass der Tourismus für die Berggebiete von besonders grosser wirtschaftlicher Bedeutung ist.
Im Zuge der COVID-Krise kam es im April 2020 zu einem drastischen Einbruch der Logiernächte in der Hotellerie. Rückblickend konnten sich die touristischen Gemeinden relativ rasch davon erholen, insbesondere aufgrund der stärkeren Nachfrage aus dem Inland.
Rund 20% der gesamten in den Berggebieten erzeugten Wertschöpfung stammt aus dem Tourismus. In den Grossstädten liegt dieser Anteil deutlich tiefer und beträgt unter 5%. Auch in Bezug auf den Arbeitsmarkt ist der Tourismus für die Berggebiete zentral. Viele Arbeitsplätze, beispielsweise in der Beherbergung oder bei Bergbahnen, hängen direkt oder indirekt von der touristischen Nachfrage ab. Entsprechend ist der Anteil der tourismusnahen Branchen an der Gesamtbeschäftigung im Alpenraum deutlich höher als im Flachland.
Exkurs: Tourismus als wichtiger Wirtschaftsfaktor – Ergebnisse der Wirkungsmessung von touristischen NRP-Projekten
Der Tourismus spielt im Schweizer Berggebiet und im ländlichen Raum eine zentrale Rolle und ist einer von zwei Förderschwerpunkten der NRP. Regiosuisse hat deshalb rund 20 Wirkungsmessungen von Tourismusprojekten durchgeführt. Diese zeigen, dass die durch die NRP geförderten Projekte die Kooperation und Vernetzung touristischer Leistungserbringer fördern und vielfältige Wirkungen erzielen.
Tourismus ist nicht gleich Tourismus
Unterschiede gibt es nicht nur in Bezug auf die Relevanz des Tourismus für eine Region, sondern auch in Bezug auf weitere Faktoren. So unterscheidet sich die touristische Nachfrage je nach Region bezüglich der Saisonalität oder der Gästeherkunft.
Der Städtetourismus ist im Vergleich zum Tourismus in den ländlichen Regionen stärker auf die Sommermonate konzentriert. Der Grund dafür dürfte darin liegen, dass das Freizeitangebot sowie kulturelle Events und Attraktionen in den Städten im Sommer breiter aufgestellt sind als im Winter. Gleichzeitig sind die Wintermonate in den Schweizer Städten häufig wetterbedingt weniger attraktiv.
Obwohl es bei den städtischen Logiernächten einen klaren Peak im Sommer gibt, ist die Schwankung zwischen den verschiedenen Jahreszeiten weniger stark als in anderen Räumen. Der Geschäftstourismus sowie ein Grundangebot an wetterunabhängigen Aktivitäten sorgen dafür, dass auch im Winter Logiernächte generiert werden. In den ländlichen Gemeinden sind diese saisonalen Schwankungen deutlich ausgeprägter. Hier gibt es klare Nachfragespitzen im Winter und im Sommer, während im Frühling und Herbst die Logiernachtzahlen aufgrund der eingeschränkten Angebotspalette deutlich tiefer liegen.
Ein weiterer Unterschied zeigt sich beim Anteil der ausländischen Gäste. Dieser liegt in den Städten deutlich höher als in den ländlichen Räumen und Berggebieten. Die wichtigsten Herkunftsländer der Gäste liegen vor allem in Westeuropa (Deutschland, Frankreich, Italien, Vereinigtes Königreich). Weiter sind die USA, Indien, Japan und China wichtige Märkte für den Schweizer Tourismus. Besonders bei diesen Gästen aus Übersee, welche typischerweise viel Wertschöpfung generieren, sind die Schweizer Städte überaus beliebte Ziele. Entsprechend hat die Tourismuswirtschaft in den Städten deutlich stärker unter der COVID-Krise gelitten. Ländliche Gebiete weisen dagegen einen deutlich höheren Anteil einheimischer Gäste auf. Häufig dürften diese Regionen – mit Ausnahme der Leuchtturmdestinationen wie St. Moritz oder Zermatt – bei ausländischen Gästen weniger bekannt sein.
Exkurs: Hoher Logiernachtanteil der Parahotellerie in ländlichen Räumen
In den obigen Daten zu den Logiernächten nicht erfasst ist die sogenannte «Parahotellerie». Diese umfasst Übernachtungsangebote in Ferienhäusern oder Kollektivunterkünften (z.B. Massenlager oder Berghütten).
Der Anteil der Parahotellerie am Total aller Logiernächte (aus Hotellerie und Parahotellerie) ist vor allem in den ländlichen Gebieten beachtlich und beträgt dort fast 50%. Dabei spielen insbesondere Online-Buchungsplattformen eine zentrale Rolle. Über 80% aller Logiernächte in Ferienwohnungen in der Schweiz werden gemäss Eurostat über diese gebucht. In den Städten liegt der Anteil der Parahotellerie in der Regel bei rund 10% und ist damit deutlich tiefer.
Während der COVID-Krise haben sich diese Anteile insgesamt nur wenig verändert. Eine differenzierte Betrachtung zeigt aber, dass der Anteil der Übernachtungen in Kollektivunterkünften in den Jahren 2020 und 2021 deutlich gesunken ist. Der Anteil Übernachtungen in Ferienwohnungen hat hingegen leicht zugelegt.
Einen deutlichen Anstieg der Logiernächte im Zuge der COVID-Krise konnten hingegen die Campingplätze verbuchen. Während die Campingplätze im Jahr 2019 noch 2.5 Millionen Logiernächte generierten, stieg diese Zahl in den Jahren 2020 und 2021 auf 3.4 respektive 4.3 Millionen Logiernächte (Hinweis: Die Logiernächte der Campingplätze werden im Rahmen der Beherbergungsstatistik (HESTA) erhoben und sind daher nicht in den obigen Zahlen zur Parahotellerie enthalten).
Tourismus im Wandel
Wie erwähnt hatte und hat die COVID-Krise noch immer einen starken Einfluss auf den Tourismus. Wie anhaltend die aktuell beobachteten Veränderungen langfristig sein werden, ist derzeit noch offen. Klar ist aber, dass der Tourismus sich in einem steten Wandel befindet und in 20 Jahren anders aussehen wird als heute. Neben der COVID-Krise gibt es eine ganze Reihe von weiteren Trends und Entwicklungen, die die Branche vor Herausforderungen stellen, gleichzeitig aber auch Chancen bieten.
Eine zentrale Herausforderung für den Schweizer Tourismus ist der Klimawandel. Die Schneesicherheit in den Bergen nimmt ab, was insbesondere den wertschöpfungsstarken Wintertourismus in den Berggebieten vor Probleme stellt. Das zunehmende Bewusstsein für den Klimawandel verändert zudem auch die Nachfrage. Klimaschonende und nachhaltige Tourismusangebote werden wichtiger für die Gäste. Die COVID-Pandemie hat diesen Trend weiter beschleunigt. Entsprechend ist die Politik und die Branche bemüht dieser Entwicklung Rechnung zu tragen.
Einen starken Wandel bringt auch die Digitalisierung mit sich. Soziale Medien und Buchungsplattformen haben die Vertriebskanäle und das Standortmarketing stark verändert. Auch besteht der Bedarf, die touristischen Angebote dem aktuellen Stand der Technik anzupassen. Daneben gibt es eine Vielzahl an weiteren Entwicklungen (z.B. Fachkräftemangel, Wertewandel, demographischer Wandel, Globalisierung), die den Wandel der Tourismusbranche weiter vorantreiben werden.